Die glänzenden Erfolge der staatlichen Erziehung des
deutschen Volkes
Das deutsche Volk,
so wie es heute dasteht, ist in der Staatskirche, Staatsschule, Staatsuniversität
– lauter Vorschulen der Kaserne – dressiert worden. Alles, was wir heute an
diesem deutschen Volk bewundern können, muss als ein Erzeugnis der staatlichen
Erziehungskunst angesehen werden. Und zu bewundern finden wir gar Vieles. Die
Unterwürfigkeit gegenüber den Vorgesetzten, das entsprechend barsche Benehmen
gegenüber den Untergebenen, der Kadavergehorsam, die Disziplin, der Korpsgeist,
der Parteigeist, die Standesehe, die erstaunliche Einseitigkeit und
Phantasielosigkeit (Produkt der einheitlichen Schule), die Lasterhaftigkeit,
die aus der Phantasielosigkeit erwächst, die erschreckende Bedürfnislosigkeit
in wissenschaftlicher Beziehung, der hierzu gehörende Autoritätsglaube, der
Mangel an Individualität, die Heuchelei, die ungeheure Feigheit des
Individuums, über die schon Bismarck klagte und die nur durch den Heldenmut
übertroffen wird, womit wir stets von den Spitzen unserer Behörden auf die
phänomenalen Erfolge der militärischen Erziehung hingewiesen werden. (Das hier
Gesagte gilt natürlich für alle Völker, die den Staatskultus betreiben.)
In welche Gefahr
ein Volk geraten kann, wenn es systematisch zur Heuchelei, Ehrlosigkeit,
Feigheit, mit anderen Worten zum Autoritätsglauben erzogen wird, das haben uns
die Katastrophe von 1914 und die Inflation gezeigt. Von den 100
sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten, die bis dahin die Internationale
verherrlicht hatten, muckte nur Karl Liebknecht, von den 10 Millionen Mann, die
ausgehoben und in den sicheren Tod getrieben wurden, wagte nicht einer die
Frage zu stellen, welchen Sinn dieser Krieg denn habe, und kaum ein paar
Dutzend von den 10.000.000 Mann wagten es, getreu ihrer christlichen
Einstellung, dem Hauptmann die Mordwerkzeuge vor die Füße zu werfen. Zehn
Millionen Mann waren in den Staatskirchen von Staatspfaffen in die Lehre des
Christentums eingeweiht worden, 10 Millionen Mann nannten sich öffentlich
Christen, bezahlten sogar dafür, 10 Millionen Mann gaben 1914 zu erkennen, dass
sie ihr Leben lang geheuchelt hatten. Ehrlos, feige, gemein.
Zu einem albanischen
Regiment, das von einem preußischen Hauptmann dressiert werden sollte und aus
lauter Analphabeten bestand, schlug einer aus der Reihe den Hauptmann, der ihn
etwas unsanft berührt hatte, gleich vor versammelter Mannschaft nieder. Wenn
wir in unseren 3000 Regimenten nur je einen solchen Kerl gehabt hätten, der
Krieg wäre an der Empörung der Regimenter gleich von Anfang an
zusammengebrochen.
Das deutsche Volk
ist in die unsägliche Schmach gestürzt worden, weil die staatliche Erziehung
den Typus des selbständig denkenden Menschen ausgerottet hat, statt ihn zu fördern.
Es wird wohl kaum jemand in der Welt behaupten, dass das deutsche Volk unfähig
sei, diesen Typus in der für die Sicherheit des Volkes nötigen Anzahl zu zeugen
und zu gebären. Daran liegt es gewiss nicht. Aber die, die geboren werden,
werden frühzeitig gekrümmt, nach dem Grundsatz: „Was ein Häkchen werden soll,
krümme man beizeiten.“ Und die wenigen, die dann solchen pädagogischen
Kunststücken entgehen, wandern als Anarchisten ins Gefängnis oder fliehen,
angeekelt, ins Ausland. Und wenn es dann, wie 1914, zum Klappen kommt, dann
folgt das Volk blindlings irgendeinem Narren, den die Gnade Gottes an die
Spitze gestellt hat. Zwei Millionen Tote allein in Deutschland, 4 Millionen
Verwundete, 132 Milliarden Goldmark an Reparationen, Zertrümmerung des wirtschaftlichen
Apparates, allgemeine Verarmung, das sind die Erfolge der staatlichen
Erziehungskunst, die das Individuum tötet und nichts anderes übrig lässt als
Masse, Masse im Reichstag, Masse im Beamtenapparat, Masse bei den Richtern,
Masse bei den Wissenschaftlern, Künstlern, Lehrern, Pfaffen, Masse, Masse.
„An den Früchten
werdet ihr sie erkennen!“ Wie war es mit der Inflation? Hier treten die
glänzenden Erfolge des staatlichen Bildungsmonopols ins volle Sonnenlicht. War
es im Heerwesen individuelle Feigheit, die uns ins Unglück stürzte, so handelt
es sich hier direkt um Massenblödsinn, Stumpfsinn, unglaubliche Gefühlsrohheit,
Gedankenlosigkeit, Hilflosigkeit. Wie eine Herde Schafe, der der Wolf den
Leithammel gewürgt hat, und die nun nicht mehr den Weg zum Stall findet, so
benahm sich das auf den Staatsinstituten dressierte deutsche Volk. Jeder sah, dass
die deutsche Währung von Narren geführt wurde, und wer es nicht sah, der spürte
es wenigstens. Und trotzdem duldete das Volk zehn volle Jahre die Luderwirtschaft,
ließ sich die Spargelder eskamotieren und unterwarf sich, ohne zu murren, den
blödsinnigen wirtschaftlichen Verordnungen. … Alle erwarten von „Oben“ die
Rettungsaktion. Der Autoritätsglaube saß so tief verankert, dass jeder
ausgelacht wurde, der es versuchte, dem Volk Verständnis für die Währungsfrage
beizubringen. Dafür seien ja die Herren Professoren an den Universitäten da!
Wenn diese schwiegen, so sei dies der beste Beweis, dass alles in Ordnung sei
in der Verwaltung unseres Geldwesens. Der Bürgersmann, der Arbeiter, der
Demokrat, der Sozialdemokrat sei da für die Arbeit. Man könne von ihm nicht
verlangen, dass er es besser wisse als die von ihm bestellten und bezahlten
Behörden.
Unausrottbarer
Autoritätsglaube. Noch heute erwartet das Volk alles Heil von der „Regierung“.
Es lehnt es glatt ab, durch Studium der öffentlichen Angelegenheiten eine
Kontrolle über die öffentlichen Angelegenheiten auszuüben. Schacht (Anmerkung:
Hjalmar Schacht, von 1923 bis 1930 und 1933 bis 1939 deutscher Reichsbankpräsident
und von 1934 bis 1937 Reichswirtschaftsminister) z. B. macht, was er will. Er
treibt Tausende und Tausende von Kaufleuten in den Bankrott, er liefert bewusst
zwei Millionen Mann dem Elend der Arbeitslosigkeit aus, er lässt das Volk
völlig im Unklaren über seine künftige Politik. Macht nichts. Man gehorcht,
keiner muckt. Wie auf dem Kasernenhof. Die staatlichen Erziehungsinstitute
haben dafür gesorgt, dass niemand muckt. Wenn diesen Instituten als Ideal der
Erziehung der Bürger mit beschränktem Untertanenverstand vorschwebte, dann
wahrhaftig, hat man dort mit bewundernswertem Erfolg gearbeitet. Ausrottung des
kritischen Sinnes, Ausrottung des Wissenstriebes, des Dranges nach Erkenntnis,
des Bedürfnisses nach wissenschaftlicher Klarheit. Es gab eine Zeit, wo die
Bürger evangelischer Konfession den Katholiken vorwarfen, dass sie den Verstand
durch das Gemüt ersetzten. Wenn es aber einen Unterschied hier gibt, so ist er gewiss
nicht auf dem hier erwähnten Gebiet zu finden.
„An den Früchten
werdet ihr sie erkennen.“ Eben sprachen wir vom Untertanenverstand. – Wie steht
es mit dem Untertanengemüt? Auch hier wieder zeigte uns die Inflation, wie
wenig die staatlichen Institute davon übrig gelassen haben. Das deutsche Volk
weiß, wie es mit denen steht, die dem Staat das für ihr Alter, für die Zeit der
Arbeitsunfähigkeit mit oft unsäglicher Mühe gesparte Geld anvertraut hatten.
Man weiß es, denn man liest es alle Tage in den Zeitungen, dass die Greise, die
Witwen, die Kranken aus Not sich erhängen und vergiften. Tatenlos, wohl nur
wegen absoluter Gefühllosigkeit schaut das Volk diesen Ereignissen zu. Und
während hier das schreckliche Elend herrscht, ist der Reichstag gewillt, den
Fürsten riesige Vermögen in den Rachen zu werfen, und von den 40 Millionen
Wählern, die zum Volksbegehr aufgerufen wurden, fanden sich nur 12 Millionen,
also knapp ein Drittel, bereit, die dreisten, rohen, gefühllosen Forderungen
der Fürsten zurückzuweisen. Zwölf von 40 Millionen, von je drei nur einer! Kann
man sich eine größere Rohheit vorstellen?
Von je drei Mann
sind in Deutschland zwei Mann bereit, zuzusehen, wie die Greise, denen die
Fürsten und ihre Lakaien den Sparschatz unterschlugen, aus Not sich erhängen,
während den fahnenflüchtigen Fürsten das Geld zur Bestreitung protzenhaften
Luxus’ ausgehändigt wird! Das sind wahrhaftig glänzende Erfolge staatlicher
Erziehungskunst. „Staat, du stinkendes Ungeheuer, geh mir aus dem Weg.“
Silvio Gesell, 1926
Mit der
Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Dummheit des deutschen Volkes
noch einmal auf ein bis dahin unvorstellbares Maß gesteigert. Und heute? Es hat
sich nichts geändert! Von der überwiegenden Mehrheit des deutschen Volkes wird
die monokausale Ursache der „Finanzkrise“ (sowie aller anderen
Zivilisationsprobleme, die sich überhaupt thematisieren lassen), die
systemische Ungerechtigkeit der Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz,
noch immer nicht wahrgenommen, und noch viel weniger will man (oder Frau)
begreifen, dass es für diese „Mutter aller Zivilisationsprobleme“ keine wie
auch immer geartete „politische Lösung“ gibt, sondern nur genau eine technische
Lösung, die wiederum das, was bis heute als „hohe Politik“ bezeichnet wird,
überflüssig macht:
Was ist Freiwirtschaft?
Die Freiwirtschaft
ist eine menschliche Ordnung, die unter Aufrechterhaltung und Fortentwicklung
der Arbeitsteilung keiner behördlichen Eingriffe bedarf, um sich in reibungs-losester
Weise in Güterverbrauch und Gütererzeugung selbsttätig auszubalancieren, und
die sich dabei auf den Eigennutz des Menschen als allgemeine, nie versagende
Triebkraft stützt. Sie steht damit im denkbar schroffsten Gegensatz zum
Kommunismus, der die Triebkräfte zur Überwindung der mit der Gütererzeugung
verbundenen Mühsal in ausreichender Stärke in so genannten uneigennützigen,
altruistischen Trieben vermutet.
In gleich schroffem
Gegensatz steht die Freiwirtschaft auch zum Bürokratismus, der mit dem Sozialisten
die Wirtschaft nach einem am grünen Tisch ausgearbeiteten Plan mit Hilfe eines
Riesenheeres von ehrlichen, pflichttreuen, unbestechlichen, fleißigen,
höflichen, menschlich empfindenden, gerecht denkenden, sich vor keinem Bonzen
fürchtenden Beamten glaubt führen zu können. Als Freiwirtschaftler ist jeder zu
betrachten, der an die Möglichkeit der freien, natürlichen Ordnung glaubt,
sofern ihr die im heutigen Bodenrecht und Geldwesen liegenden Vorrechte und
Hemmungen aus dem Wege geräumt werden, und der zur Erkenntnis gelangt ist, dass
durch die mit „Freiland-Freigeld“ nachfolgend näher gekennzeichneten Reformen
die genannten Vorrechte und Hemmungen beseitigt werden können und dass damit
alle als Kapitalismus bezeichneten Nebenerscheinungen der heutigen so genannten
Wirtschaftsordnung fallen müssen.
Freiland ist die Verwirklichung
des Gedankens, dass jedem einzelnen Menschen die ganze Erde gehört. Freiland
ist daher ein Teil der Erde, der in niemandes Eigentum steht, auch nicht im
Eigentum eines Staates, Volkes oder anderer Zusammenfassungen von Menschen, und
über den auch kein Staat Hoheitsrechte ausübt. Freiland ist ein Teil der Erde,
dessen Erzeugnisse frei und ungehindert überall hingebracht werden können. Ohne
Ausfuhrverbote, ohne Zölle oder ähnliche Benachteiligungen ist jeder Mensch der
ganzen Erde in der Lage, sich die Erzeugnisse des Freilands durch Tausch zu
eigen zu machen. Umgekehrt werden die Erzeugnisse der übrigen Welt frei in das
Freiland hineingelassen (Freihandel).
Freiland ist Grund
und Boden (Bergwerke, Seen usw.), den jeder Mensch der ganzen Welt dadurch,
dass er in öffentlicher Pachtversteigerung für ihn die höchste Pacht bietet, in
Nutznießung nehmen kann, ein Recht, in dem niemand durch Ein- und Auswanderungs-gesetze,
durch Pass- oder andere Kontrollvorschriften (ausgenommen Quarantäne)
beschränkt ist (Freizügigkeit). Freiland ist Grund und Boden, dessen Pacht
gleichmäßig und restlos unter alle Mütter nach Zahl ihrer unmündigen Kinder
verteilt wird.
Freigeld ist ein
Geld, das mit einem Nennwertverlust belastet ist, der in bestimmten Zeitspannen
eintritt und vom jeweiligen Besitzer des Geldzeichens zu tragen ist. Freigeld
ist Geld, das von den einzelnen Staaten durch ein Währungsamt in der Weise
verwaltet wird, dass der Warendurchschnittspreis (Index) immer derselbe bleibt.
In Übereinstimmung
mit obigen Erklärungen und Forderungen kämpft der Freiwirtschaftler
gegen den
Kapitalismus – für die Beseitigung aller Ausbeutungsmöglichkeiten;
gegen alle
Monopole, auch solche organisatorischer Natur – für den freien Wettbewerb;
gegen Diebstahl und
Schwindel – für das aus eigener Arbeit entstandene Eigentum;
gegen Monarchie,
Demagogie, Plutokratie – für Herrschaftslosigkeit;
gegen
Klassenherrschaft – für die Ausrottung des Klassenstaates;
gegen die
Bürokratie – für den Abbau des Staates;
gegen alle
behördliche Bevormundung – für die Selbstverantwortung;
gegen Staatsschule
– für die vollkommene Privatisierung von Wissenschaft;
gegen jedes
nationale Wirtschaftsgebiet – für die Schleifung der Zollgrenzen und für den freien
Welthandel;
gegen alle
Menschenopfer – für das Lebensglück des einzelnen Menschen;
gegen alle
internationale Verhetzung – für den Bürger- und Völkerfrieden;
gegen alle
Völkerrechte – für die Erklärung des Menschenrechts;
gegen den auf
Völkerrecht sich stützenden Völkerbund – für einen Menschheitsbund d. h. für
Gleichberechtigung aller, die Menschenantlitz tragen.
Silvio Gesell, 1924
Der erste Versuch
zu einer menschenwürdigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung wurde nach dem
Zweiten Weltkrieg (der nicht hätte stattfinden müssen, wenn man früher auf
Silvio Gesell gehört hätte) in der Bundesrepublik Deutschland unternommen. Der
Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ stammt von dem Freiwirtschaftler Otto
Lautenbach, der im Januar 1953 die Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft
(ASM) gründete. In enger Zusammenarbeit mit dem damaligen Wirtschaftsminister
und späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard sollte erstmalig eine „freie
Marktwirtschaft ohne Kapitalismus“ verwirklicht werden. Im Juli 1954 verstarb
Otto Lautenbach, die ASM zerfiel im Streit (eine Organisation gleichen Namens
existiert heute noch, sie verfügt aber über keinerlei makroökonomische
Kompetenz mehr). Für die makroökonomische Grundordnung der Bundesrepublik
Deutschland wurde ein von der so genannten „katholischen Soziallehre“
beeinflusstes Konzept von Alfred Müller-Armack übernommen, eine „sozial
gesteuerte Marktwirtschaft“ (kapitalistische Marktwirtschaft mit angehängtem
„Sozialstaat“), für die sich später der Begriff „soziale Marktwirtschaft“
einbürgerte.
Es wurde übersehen,
dass der eigentliche Beginn der menschlichen Zivilisation, die Natürliche
Wirtschaftsordnung (echte Soziale Marktwirtschaft), die Überwindung der
Religion, den Erkenntnisprozess der Auferstehung, voraussetzt:
Stefan Wehmeier,
03.01.2013
So lange es noch einen Menschen auf diesem Planeten gibt, der sich diese ungeheure Vergleichs- und Analysearbeit aufbürdet, um vermutlich dafür anschließend aus allen Richtungen und Lagern mehr Ignoranz und Schlimmeres zu ernten als Dank,
AntwortenLöschenso lange lohnt es sich zu leben.
Das ist kein Aprilscherz.