Sonntag, 20. Juni 2021

Wozu soziale Gerechtigkeit?

    Die Beseitigung des arbeitslosen Einkommens, des sogen. Mehrwertes, auch Zins und Rente genannt, ist das unmittelbare wirtschaftliche Ziel aller sozialistischen Bestrebungen. Zur Erreichung dieses Zieles wird allgemein die Verstaatlichung der gesamten Produktion mit allen ihren Folgerungen verlangt und als unerlässlich erklärt. Mit dieser Forderung, deren Erfüllung den völligen Verzicht auf die persönliche Freiheit und Selbstbestimmung, die Unterordnung unter die allmächtigen Behörden bedeutet, scheinen sich auch die Mehrzahl der Sozialisten unter dem Druck der wirtschaftlichen Not abgefunden zu haben. Wenige nur folgen hier eigenen, kommunistischen Trieben. Sie sagen einfach, schlimmer als jetzt kann es auch schlimmsten Falles im kommunistischen Staat nicht gehen.
    Diese allgemeine proletarische Forderung wird durch die theoretischen Untersuchungen gestützt, die Marx über die Natur des Kapitals angestellt hat, wonach der Mehrwert als eine untrennbare Begleiterscheinung der Privatindustrie und des Privateigentums an den Produktionsmitteln anzusehen ist.
    Hier wird nun gezeigt werden, dass diese Theorie von falschen Voraussetzungen ausgeht und dass die Richtigstellung derselben zu vollkommen entgegengesetzten Ergebnissen führt. Diese Ergebnisse lehren uns, dass wir im Kapital kein Sachgut zu erblicken haben, sondern ein von Nachfrage und Angebot absolut beherrschtes Marktverhältnis – wie das der Sozialist Proudhon, der Gegner Marxs, übrigens schon vor 50 Jahren den Arbeitern gesagt und bewiesen hatte.
    In völliger Übereinstimmung mit dieser Richtigstellung der Kapitaltheorie zeigt sich dann, dass, wenn wir gewisse künstliche Hemmungen beseitigen, die von unserem verkehrten Bodenrecht und unserem ebenso verkehrten Geldwesen rühren, und dadurch erst unserer heutigen Wirtschaftsordnung zur vollen Entfaltung ihres urgesunden Grundgedankens verhelfen, die Arbeiter es dann ganz in der Hand haben, durch ihre Arbeit die Marktverhältnisse in kürzester Zeit (10-20 Jahre) für das Kapital so zu gestalten, dass der Mehrwert restlos verschwindet und die Produktionsmittel den Kapitalcharakter einbüßen. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln bietet dann keinen anderen Vorteil mehr als den, den etwa der Besitzer einer Vorratskammer von seinem Eigentum hat. Diese wirft ihm auch keinen Mehrwert oder Zins ab, doch kann er den Inhalt nach und nach aufzehren. Die dann in den Produktionsmitteln angelegten Ersparnisse oder sonstigen Gelder würden den Eigentümern in Gestalt der mit dem natürlichen Zerfall oder Verbrauch des Produktionsmittels (Haus, Schiff, Fabrik) schritthaltenden jährlichen Abschreibung zum persönlichen Verbrauch zur Verfügung stehen. Durch weiter nichts als durch ungehemmte, fleißige, von den modernen Produktionsmitteln unterstützte Arbeit, würde der große Wau-Wau, das angestaunte und gefürchtete Kapital, zur harmlosen Rolle verurteilt werden, die die tönerne Sparbüchse heute bei den Kindern spielt, die auch noch nie Mehrwert abgeworfen hat und zu deren Inhalt man gelangt, indem man sie zerschlägt.
    In diesem 1. Teil, der vom Boden handelt, wird gesagt, wie man ohne Kommunismus mehrwertfreie Landwirtschaft und ebensolche Bau- und Bergwerksindustrie betreiben kann. Im 2. Teil, der die neue Theorie des Kapitals enthält, wird das Rätsel gelöst, wie man ohne Verstaatlichung der übrigen Produktionsmittel den Mehrwert vollends aus unserer Wirtschaftsordnung beseitigt.
    Der Ausdruck neue Theorie gilt hier übrigens mir für die kapitalistischen und sozialdemokratischen Kreise, deren Presse sich bisher beharrlich um die Kritik dieser Theorie herumgedrückt hat. Dass die kapitalistische Presse diese unbequeme Theorie möglichst totzuschweigen sucht, kann man verstehen, welchen Nutzen aber solche Praxis der sozialistischen Bewegung bringen kann, frage ich mich bisher umsonst. Indem ich hier dieselbe Frage an die sozialdemokratische Presse richte und um etwas mehr Beachtung dieser ehrlich in den Dienst des arbeitenden Volkes gestellten Arbeit bitte, bemerke ich, dass die neue physiokratische Kapitaltheorie von einer großen Zahl von Arbeitern aller Berufe, Stände, Bildungsgrade und Konfessionen gewissenhaft durchforscht worden ist und dass noch jeder, ausnahmslos jeder, der den Wagemut zeigte, sie kritisch anzugreifen, heulend sich zurückziehen musste.
    "Ihr standet vor dem Kapital, wie eine nach Blut dürstende Meute vor einem Igel, und wusstet nicht, wie ihr es packen solltet," so sagte P. J. Proudhon.
    Die physiokratische Kapitaltheorie hat dem Kapital den Igelpelz ausgezogen und sich selbst damit bekleidet. Nun sitzt sie da in ihrem Panzer und wartet mit Seelenruhe auf die Marxisten, die es wagen mögen. Arbeiter – wollt Ihr ein lustiges Schauspiel? Billig könnt ihr es haben; hetzt eure Presse auf den Igel.

Silvio Gesell (Vorwort zur 1. Auflage der NWO, 1916)

Kein "Sozialdemokrat" will soziale Gerechtigkeit, denn ihre Verwirklichung durch die Natürliche Wirtschaftsordnung (Marktwirtschaft ohne Kapitalismus) führt zum Abbau des Staates und macht die "Sozialdemokratie" mit allen "Sozialdemokraten" überflüssig. Für Sozialisten marxistischer Prägung ist "soziale Gerechtigkeit" nur ein Schlagwort zur Bauernfängerei, und das Letzte, was Marxisten (Staatskapitalisten) wollen, ist die Beseitigung der arbeitslosen Einkommens, denn das wollen sie als "Planer, Lenker und Leiter" der angestrebten sozialistischen Planwirtschaft für sich. Die Privatkapitalisten halten "soziale Gerechtigkeit" schon für verwirklicht, wenn nur der Staat seine schmutzigen Finger aus der Marktwirtschaft heraushält und keine zu hohen Steuern erhebt. Den Dummen wird "Meinungsfreiheit" als "Demokratie" verkauft, weil Meinungen ("...die Haut, in der wir gesehen werden wollen", nach Nietzsche) sowieso wertlos sind, aber jeder Dumme seine "eigene Meinung" für "besonders wertvoll" hält, denn schließlich kann sich der "real existierende Sozialismus" nicht einmal das erlauben. Im Übrigen halten sich sowohl Staatskapitalisten als auch Privatkapitalisten für "besonders schlau", wenn sie nicht von Arbeitseinkommen, sondern von arbeitslosem Einkommen auf Kosten der Mehrarbeit anderer existieren, denn wer zwei linke Hände und außer Dummschwätzen nichts gelernt hat, kann sich nichts anderes vorstellen.

Heutzutage, am Ende der Endzeit, in der man es schon geschafft hat (nicht aus Einsicht, sondern aufgrund der atomaren Abschreckung), dass der Krieg nicht länger der Vater aller Dinge sein kann, geht es der "hohen Politik" schon gar nicht mehr um soziale Gerechtigkeit, denn schließlich gibt es mit dem "Mensch-gemachten Klimawandel" und der "Corona-Pandemie" soviel "Wichtigeres" zu tun, dass man (oder Frau oder sonstwas) für ein so antiquiertes Thema keine Zeit mehr hat. Also warten wir mal auf den unvermeidlichen Great Reset, damit 7,8 Milliarden gleichzeitig vor der Entscheidung Zukunft oder Steinzeit stehen, und für Erstere endlich verwirklicht werden muss, was nicht erst seit einem Jahrhundert, sondern schon seit zwei Jahrtausenden überfällig ist:

Artikel 1 Neues Grundgesetz

 
Stefan Wehmeier, 20.06.2021 
 

1 Kommentar:

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