Die
wirtschaftspolitische Diskussion des 19. und 20. Jahrhunderts ging meist von
der Grundansicht aus, dass es nur zwei gegensätzliche Wirtschaftsarten gebe:
entweder die von den Einflüssen des Marktes gelenkte so genannte freie
Wirtschaft - ausgedrückt in dem Wort Privatkapitalismus - oder die zentral
durch staatlichen Befehl gelenkte Verwaltungswirtschaft, kurz umrissen durch
das Wort Staatskapitalismus.
Das Zeitalter der
so genannten freien Wirtschaft hatte das Problem der zu gefährlichen Ausmaßen
anwachsenden wirtschaftlichen Macht geboren. Die großen Kapitalanhäufungen in
wenigen Händen, wie sie das zinswirtschaftliche System nun einmal mit sich
bringt, mussten machtpolitische Kristallisationspunkte schaffen, die in das
gesamte öffentliche Leben ausstrahlen und ihren Trägern ein Übergewicht
verleihen, das mit dem Grundsatz der Demokratie nicht mehr in Einklang zu
bringen ist. So ist es kein Wunder, dass sich die auf den ersten Blick ganz
einleuchtend erscheinende Idee, man könne durch eine Stärkung der öffentlichen
Hand den privaten Machtansprüchen erfolgreich entgegentreten, sich allmählich
durchsetzte. Dies um so mehr, als die wiederkehrenden sozialen und
wirtschaftlichen Störungen die willkommene Gelegenheit boten, den staatlichen
Einfluss durch Sozialgesetzgebung, planwirtschaftliche Eingriffe aller Art,
nicht zuletzt aber durch Verstaatlichung von Großbetrieben der Industrie und
des Verkehrs möglichst auszudehnen und im gleichen Maße die private Macht zu
schwächen. Das letztere gelang zwar bis zu einem gewissen Grad, doch zeigten
sich bald recht unerwünschte Nebenwirkungen. Wir wissen bereits, dass die
steigende Einmischung des Staates in die Wirtschaft gleichbedeutend mit einer Entwicklung
zum Staatsmonopolismus und Totalitarismus ist. Die Lenkung des Wirtschaftsprozesses
durch zentralwirtschaftliche Planstellen, ja sogar schon die verbürokratisierte
Sozialgesetzgebung allein, vor allem aber die unmittelbare Verstaatlichung von
Industrie- und Verkehrsbetrieben schafft noch größere und gefährlichere
Machtkörper als sie die so genannte freie Wirtschaft kannte. Je mehr zentral
gelenkt, bewirtschaftet und verwaltet wird, um so mehr muss der bürokratische
Staatsapparat anwachsen, müssen Staat und Wirtschaft ein unentwirrbares Ganzes
werden. In einem solchen System ist der Politiker zugleich der Herr über Staat
und Wirtschaft. Der Allmacht Weniger sind dann keine Grenzen mehr gezogen.
Dort, wo alle Wirtschaftsmacht, alle Leitungs- und Dispositionsgewalt an einer
einzigen Stelle konzentriert ist, einer Stelle, die zugleich über den Staat und
seine Machtmittel gebietet, ist die totalitäre Staatssklaverei unvermeidlich.
Weder die so genannte
„freie“ Wirtschaft einerseits noch die staatliche Planwirtschaft andererseits
sind imstande, das Problem der wirtschaftlichen Macht zu lösen. Die von uns vertretene
dritte Möglichkeit einer wahrhaft freien Wettbewerbswirtschaft allein ist
Erfolg versprechend. Der Wettbewerb ist das einzige Mittel, um wirtschaftliche
Macht zu brechen. Er ist nur zu verwirklichen, wenn die heute bestehenden
Monopole unschädlich gemacht werden. Für eine Wettbewerbsordnung dieser Art,
für eine entmonopolisierte und daher echte Soziale Marktwirtschaft gilt das,
was Walter Eucken gesagt hat:
Erstens: In einer solchen Wettbewerbsordnung lenken
die Preise, die in vollständiger Konkurrenz zustande gekommen sind, den Wirtschaftsablauf
– bei gegebener Einkommensverteilung – sinnvoll. Die Wirtschaftsrechnung ist
korrekt. Die Preise und Preisrelationen bringen die Knappheitsgrade der
einzelnen Güter richtig zum Ausdruck, sodass die Hergänge in den einzelnen
Betrieben ineinander greifen und der Gesamtprozess auf die Deckung von menschlichen
Bedürfnissen optimal gelenkt wird – wobei jedoch die Menschen nur entsprechend ihrem
Einkommen Bedürfnisse geltend machen können.
Zweitens: In einer Wettbewerbsordnung dieser Art
kann sich der Leistungswettbewerb entwickeln. Schädigungs- und
Behinderungswettbewerb (Monopolkampf) fehlen. Die private Initiative kann sich
voll entfalten, aber sie wird durch den Wettbewerb kontrolliert.
Drittens: Eine solche Wettbewerbsordnung ist zur
internationalen Ordnung in hohem Maß geeignet. Sie zeigt nicht die Mängel, die
eine vermachtete (kapitalistische) „freie“ Wirtschaft oder eine Wirtschaft des
zentralverwatungswirtschaftlichen Typs aufweist und verknüpft auch über die Grenzen
Betriebe und Haushalte sinnvoll.
Viertens: Freiheit und Ordnung befinden sich in
einer solchen Wirtschaft des freien Wettbewerbs im Gleichgewicht. Sie wahrt die
Selbstverantwortung des Einzelnen; aber sie gewährt ihm nicht die Freiheit,
durch Schaffung von Machtgebilden die Freiheit anderer einzuengen oder zu beseitigen.
Voraussetzung für
das Funktionieren einer solchen freiheitlichen Wettbewerbsordnung ist eine
stabile Währung. Die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass es den Staaten schwer fällt,
funktionsfähige Währungen zu schaffen. Ohne deren Existenz kann aber die
Wettbewerbsordnung nicht hinreichend funktionieren. Preise werden in
Geldeinheiten ausgedrückt und in Geld gezahlt. Die Preis- und Kostenrechnung
verliert deshalb ihre ordnende Kraft, wenn das Geldwesen z. B. in Inflations-
und Deflationsprozessen versagt. Nur wenn freie Devisenmärkte bestehen und bei stabiler
Währung ist die Lenkung des Wirtschaftsprozesses durch Konkurrenzpreise
erfolgreich. Falls diese Teilordnung - die Währung - versagt, wird eine zentralverwaltungswirtschaftliche
Lenkung in anderen Teilgebieten der Wirtschaft provoziert.
Zusammenfassend ist
zu sagen: Die Abkehr von den bisherigen fast ununterbrochen betriebenen
Währungspfuschereien im Verein mit der Unschädlichmachung des Geldstreik- und
Bodenmonopols schaffen die Voraussetzungen für eine sich selbst regelnde,
wirklich freie Marktwirtschaft und lösen zugleich das Problem der wirtschaftlichen
Macht.
Otto Valentin (aus
„Die Lösung der Sozialen Frage“, 1952)
Wer in einer a
priori fehlerhaften (kapitalistischen) Makroökonomie eine „Position“ erreichen
will, muss sich selbst und andere ständig belügen, bis man (oder Frau) in einem
Ozean von Vorurteilen versinkt, aus dem ein Auftauchen aus eigener Kraft nicht
mehr möglich ist. Aus bewusster Sicht sind heutige „Spitzenpolitiker“ maximal
Vorurteils- und Denkfehler-behaftete Individuen, die für ihre hoffnungslos
naiven Handlungen („Konjunkturpakete“, „Hilfskredite“, „Rettungsschirme“,
„Friedensmissionen“, etc.) keinerlei Verantwortung
übernehmen können.
Stefan Wehmeier, 09.02.2013
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