Montag, 24. Juli 2023

Keine Zukunft ohne Perspektive

(Silvio Gesell, Herbst 1918) "Der Kurzsichtige ist selbstsüchtig, der Weitsichtige wird in der Regel bald einsehen, dass im Gedeihen des Ganzen der eigene Nutz am besten verankert ist."

Die Frage beantworten zu können, warum gerade diese Weisheit, die doch eigentlich unmittelbar einsichtig ist und die sogar schon den 2. Weltkrieg hätte verhindern können,...

(zur selben Zeit, direkt nach dem 1. Weltkrieg) "Trotz der heiligen Versprechen der Völker, den Krieg für alle Zeiten zu ächten, trotz der Rufe der Millionen: 'Nie wieder Krieg', entgegen all den Hoffnungen auf eine schönere Zukunft muß ich sagen: Wenn das heutige Geldsystem, die Zinswirtschaft, beibehalten wird, so wage ich es, heute schon zu behaupten, daß es keine 25 Jahre dauern wird, bis wir vor einem neuen, noch furchtbareren Krieg stehen. ..."

...die bis heute am schwersten zu vermittelnde ist, mag als die Steigerung von "brotlose Kunst" erscheinen, denn es stellt sonst niemand diese Frage. Hier braucht man den richtigen Riecher, denn hätte ich mir die Frage nicht gestellt, um sie 2007 zu beantworten, könnten wir heute nicht über nette Grüße von Joe lachen, sondern es müssten sich letzte Überlebende ernsthafte Sorgen über nicht so nette Grüße von Humungus machen! Ohne Perspektive gibt es keine Zukunft, und um die ganze Geschichte zu verstehen, muss bei Adam und Eva angefangen werden:

(Genesis 2,15-17) Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben.

Um langfristig "das Paradies bebauen und bewahren" zu können, muss die Erbsünde überwunden werden, sonst wird man "aus dem Paradies vertrieben". Das passierte schon früh, und wer jetzt glaubt, dass unsere Helden entgegen der Ankündigung dabei nicht des Todes gestorben seien, der irrt, denn es geht hier nicht um den biologischen, sondern um den geistigen Tod, der darin besteht, nicht mehr zu wissen, was das Paradies ist und was die Erbsünde ist. Nicht dennoch, sondern gerade deswegen – weil noch niemand wusste, wie die Erbsünde zu überwinden ist – kam man bis zur Babylonischen Gefangenschaft (597-539 v. Chr.) ganz gut zurecht,...

Prof. Dr. Gustav Ruhland (Die wirtschaftspolitischen Grundsätze der mosaischen Gesetzgebung)

...weil nur das arbeitende "von Gott auserwählte Volk" sich im geistigen Tod der Religion befand, damit es arbeitete, während allein die nicht arbeitende jüdische Priesterschaft die Bedeutung des Paradieses und der Erbsünde kannte und damit über ein echtes Problembewusstsein verfügte, um mit geeigneten Sozialgesetzen die jüdische Kultur hinreichend stabil zu halten – bis der Prophet erscheinen würde, der erklären konnte, wie die Erbsünde zu überwinden ist. Bedauerlicherweise bekamen die letzten Priester, die noch wussten, was sie taten, in Babylonischer Gefangenschaft Angst, das bestgehütete Geheimnis der Erbsünde könnte zu früh verraten und damit der ganze Plan für die Zukunft zunichte gemacht werden, sodass sie das Programm Genesis änderten. Sie setzten den bis heute "ersten" (Gen 1,1-2,4a) vor den ursprünglichen "zweiten" (Gen 2,4b-3,24) Mythos, womit auch die jüdische Priesterschaft ab der nächsten Generation dem geistigen Tod der Religion verfiel. Danach gab es niemanden mehr mit echtem Problembewusstsein, und darum ist jetzt eine Musikpause angesagt, in der wir hören, was wir heute sind: 
 
Children Of The Sea

Dass es niemanden mehr gab, der die Ursache für alle Zivilisationsprobleme kannte, ist nicht ganz korrekt, denn die Erbsünde wurde von Jesus von Nazareth erkannt, nach dem das entstand, was sich heute "Christentum" nennt, und dann wurde sie von Mohammed erkannt, nach dem der Islam entstand. Die Juden sind noch immer die Juden, und im Grunde sind wir alle Juden, denn sowohl Jesus als auch Mohammed blieben unverstanden. Mohammed muss nicht verstanden werden, denn nach seiner Erkenntnis war er nicht schlauer als Moses, der noch nicht wusste, wie die Erbsünde zu überwinden ist. Jesus war allerdings seiner Zeit um 19 Jahrhunderte voraus,...

(Nag Hammadi Codex II / Thomas-Evangelium / Logion 113) Seine Jünger sagten zu ihm: "Das Königreich, an welchem Tag wird es kommen?" Jesus sagte: "Es wird nicht kommen, wenn man Ausschau nach ihm hält. Man wird nicht sagen: "Siehe hier oder siehe dort", sondern das Königreich des Vaters ist ausgebreitet über die Erde, und die Menschen sehen es nicht."

...und heute kommt eine bewusste und gewollte Tat um ein Jahrhundert zu spät,...

(Vorwort zur 3. Auflage der Natürlichen Wirtschaftsordnung, 1918) "Die Wirtschaftsordnung, von der hier die Rede ist, kann nur insofern eine natürliche genannt werden, da sie der Natur des Menschen angepasst ist. Es handelt sich also nicht um eine Ordnung, die sich etwa von selbst, als Naturprodukt einstellt. Eine solche Ordnung gibt es überhaupt nicht, denn immer ist die Ordnung, die wir uns geben, eine Tat, und zwar eine bewusste und gewollte Tat."

...damit wenigstens noch der 2. Weltkrieg hätte verhindert werden können. Die Verwirklichung der monopolfreien Marktwirtschaft (Paradies) ohne Privatkapitalismus (Erbsünde) sollte längst eine Angelegenheit sein, "die ja doch nur aus einer Reihe banalster Selbstverständlichkeiten besteht", doch es wurde mit dem "ersten" Schöpfungsmythos der Genesis die falsche Zukunftsperspektive (wenn man sie so nennen darf) im kollektiv Unbewussten einprogrammiert: Sich "die Erde untertan machen" bedeutet, sich als Zinsgewinner auf Kosten der Mehrarbeit vieler Zinsverlierer bereichern! Damit war sichergestellt, dass die halbwegs zivilisierte Menschheit nicht in die Primitivität des Ursozialismus (zentralistische Planwirtschaft ohne liquides Geld, vorantikes Ägypten) zurückfallen würde, aber es machte den Krieg zum Vater aller Dinge, und der geistige Tod der Religion kann erst mit dem evident werden der globalen Liquiditätsfalle (Armageddon) überwunden werden.
    War die Überwindung der Erbsünde anfänglich ein technisches Problem, das bis zur Lösung von der Religion aus dem Begriffsvermögen des arbeitenden Volkes ausgeblendet werden musste, damit es arbeitete, ist die Angelegenheit heute zu einem psychologischen Problem mutiert, wobei die technische Lösung längst gefunden ist. Auch wenn ich keine Lust habe, Psychologe zu sein, blieb die Lösung des Problems an mir hängen, als ich im Dez. 2002 Arthur C. Clarke besuchte, mit dem ich eigentlich etwas anderes besprechen wollte: Vom Jüngsten Tag auf den nächsten

 
Mit freiwirtschaftlichem Gruß

Stefan Wehmeier, 24.07.2023 
 

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