"Die Frage nach dem Weg aus dem Kapitalismus war
nie so aktuell wie heute. Sie stellt sich in radikal neuer Weise und
Dringlichkeit. Aufgrund seiner Entwicklung selbst – technowissenschaftliche
Umwälzung, Informatisierung und Roboterisierung – hat der Kapitalismus eine
innere wie äußere Grenze erreicht, die er nicht zu überschreiten vermag und die
ihn zu einem System macht, das nur mit Hilfe von Tricks die Krise seiner
grundlegenden Kategorien – Arbeit, Wert, Kapital – überlebt."
Der Autor wusste
nicht, was der Kapitalismus ist, wollte es auch gar nicht wissen und konnte
somit die "Mutter aller Zivilisationsprobleme" niemals gefährden; das
gleiche galt (und gilt noch) für seine Leser. Es war ihm wichtiger, sich mit
sinnfreien Artikeln "wichtig" zu machen, anstatt mit dem
selbständigen Denken anzufangen. Ein selbständig denkender Mensch braucht den
Artikel nicht zu lesen; die typischen Denkfehler, die er beinhaltet, sind
vollständig vorhersehbar, wenn man nur das Folgende über den Autor weiß:
André Gorz (* 9. Februar 1923 in Wien als Gerhard Hirsch;
† 22. September 2007 in Vosnon, Frankreich) war ein französischer
Sozialphilosoph österreichischer Herkunft. Seit den 1950er-Jahren lebte er als
Publizist in Frankreich, war Mitarbeiter Jean-Paul Sartres und Mitbegründer des
Nachrichtenmagazins Le Nouvel Observateur.
Über lange Jahre ein Anhänger Sartres
existentialistischer Variante des Marxismus, brach Gorz mit Sartre nach dem
Pariser Mai 1968. André Gorz wandte sich der politischen Ökologie zu und wurde
deren führender Theoretiker. Zentrales Thema in den Überlegungen Gorz’ ist die
Frage der Arbeit: Befreiung von der Arbeit, gerechte Verteilung der Arbeit,
Entfremdung in der Arbeit. Recht auf Arbeit und Pflicht zur Arbeit gehörten für
ihn lange zusammen, bis er sich auch für ein Grundeinkommen aussprach.
Selbständiges
Denken muss man sich leisten können; das ist die ganze Erklärung. Wer nur
"Papier beschmutzt" und davon auch noch leben will, darf nur das
schreiben, was das Zielpublikum hören will. Besonders leicht macht man es sich
dabei, wenn man sich an irgendeine "Denk"tradition (Sartres
existentialistische Variante des Marxismus) anheftet, für die bereits ein
Zielpublikum existiert. Wenn es dem "Papierbeschmutzer" nun gelingt,
das Zielpublikum mit irgendetwas zu begeistern, glaubt er auch selbst an das "irgendetwas",
unabhängig davon, ob es wissenschaftlich haltbar ist oder nicht. Denn
schließlich kauft das Publikum ja sein "beschmutztes Papier", sodass
er einigermaßen davon leben kann. Für solche Patienten gilt uneingeschränkt:
Dem Volke habt ihr
gedient und des Volkes Aberglauben, ihr berühmten Weisen alle! - und nicht der
Wahrheit! Und gerade darum zollte man euch Ehrfurcht.
Wer dagegen konsequent
bei der Wahrheit bleibt, darf nicht darauf hoffen, in "dieser Welt"
ein Publikum zu finden, von dem er leben kann:
Frei vom Glück der
Knechte, erlöst von Göttern und Anbetungen, furchtlos und fürchterlich, groß
und einsam: so ist der Wille
des Wahrhaftigen.
Friedrich
Nietzsche: Also sprach Zarathustra.
In einem ganz
besonderen Maße gilt dies für die Überwindung
des Kapitalismus, denn der heutige "von Gott geschaffene Kulturmensch"
ist ein Kapitalist…
"Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde": von
der Zeit an sitzt der Reiche im Himmel und der Arme liegt auf der Erde.
(Alte jüdische
Weisheit)
…und will es bis
zum Jüngsten
Tag auch bleiben!
Selbstverständlich
kann immer nur ein kleiner Teil der halbwegs zivilisierten Menschheit reich
sein (Himmel der Zinsgewinner), während die überwiegende Mehrheit arm ist
(Hölle der Zinsverlierer). Solange aber alle glauben, Zinsen, Renditen und
private Bodenrenten (leistungslose Kapitaleinkommen) müssten wohl auf
"Apfelbäumchen" wachsen und nicht durch die Mehrarbeit anderer, gibt
man die Hoffnung nicht auf. Die ganze Welt zu verändern erscheint dem
"Normalbürger" als eine in jedem Fall "unerreichbare
Utopie", und so beschränkt er sich darauf, eines unbestimmten Tages auf
Kosten anderer existieren zu können, damit andere nicht länger auf seine Kosten
existieren. In welchem Maße dies jeweils unbewusst oder teilweise bewusst
geschieht, spielt keine Rolle. Eine dritte Möglichkeit – die eigentliche
Definition von Leben – ist in "dieser Welt" nicht vorgesehen, also
bleibt ihm wohl nichts anderes übrig. Für die Bewusstwerdung ist es aber in jedem
Fall von Vorteil, schon mal die richtige Musik zu hören:
(Die schlechte
Klangqualität bitte ich zu entschuldigen, aber Musikwiedergabesysteme nach dem
tatsächlichen Stand der Technik (Schleichwerbung
muss sein) können sich heutzutage nur noch die Zinsgewinner leisten.)
Wer mit dem
selbständigen Denken angefangen hat, muss noch immer einen langen
Erkenntnisprozess durchlaufen, um bei dem anzukommen, was schon fünf Jahre vor
der Geburt unseres "halbwegs berühmten Weisen" geschrieben wurde:
"Der Kurzsichtige ist selbstsüchtig, der
Weitsichtige wird in der Regel bald einsehen, dass im Gedeihen des Ganzen der
eigene Nutz am besten verankert ist."
Silvio Gesell
(Vorwort zur 3. Auflage der Natürlichen Wirtschaftsordnung, 1918)
Für einen
Zinsgewinner, der schon reich geboren wurde (Kapitalakkumulationen werden
weitervererbt und können in "dieser Welt" über viele Generationen
weiter verzinst werden; daher die passende Bezeichnung "Erbsünde"),
ist es nicht leicht, sich in die Gedankenwelt eines Armen zu versetzen, so wie
es umgekehrt einem gewöhnlichen Zinsverlierer schwer fällt, sich "die da
oben" als ganz gewöhnliche Sterbliche vorzustellen, die ihm nichts Böses
wollen und die sich auch nur die Trivialitäten leisten können, die es schon
gibt. Nur der bedauerliche Umstand, dass der Arme sich bis an sein Lebensende
nicht einmal das leisten kann, lässt ihn die Welt der "Reichen und
Mächtigen" als begehrenswert erscheinen. Nach diesem Prinzip hat das
zivilisatorische Mittelalter (Zinsgeld-Ökonomie) – von einem zwangsläufigen Krieg
bis zum nächsten – schon immer funktioniert: Im so genannten "Alltag"
arbeiten sich die Armen zu Tode und die Reichen langweilen sich zu Tode.
Um wie viel
interessanter und gleichzeitig friedlicher das wahre (vollständig zivilisierte)
Leben in der Natürlichen Wirtschaftsordnung wird, also in der vom
Privatkapitalismus (Erbsünde) befreiten Marktwirtschaft (Paradies), kann weder
der an den Zinsgewinn Gewöhnte, noch der den Zinsgewinn Anstrebende auch nur
ansatzweise ermessen. Diese Unfähigkeit, das wahre Leben zu erkennen, heißt in
der originalen Heiligen Schrift (die Bibel bis Genesis_11,9 sowie ein
wesentlicher Teil der Nag Hammadi Schriften) der "geistige Tod der
Religion":
(Genesis 2,15-17) Und Gott der HERR nahm den Menschen
(freier Unternehmer) und setzte ihn in
den Garten Eden (freie Marktwirtschaft), dass er ihn bebaute und bewahrte. Und Gott der HERR (künstlicher
Archetyp Jahwe = Investor) gebot dem
Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen (Gewinn bringende
Unternehmungen) im Garten, aber von dem Baum
der Erkenntnis des Guten und Bösen (Zinsgeld-Verleih) sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du
des Todes (in religiöser Verblendung) sterben
(Rückfall in die Barbarei).
Ein Barbar ist ein
unzivilisierter oder erst halbzivilisierter Mensch, der sich nicht vorstellen
kann, "dass im Gedeihen des Ganzen
der eigene Nutz am besten verankert ist", und der es eben nicht
vorzieht, "den eigenen Kopf etwas
anzustrengen, statt fremde Köpfe einzuschlagen". Das hat gar nichts
mit mangelnder "Moral" (nur irgendeine traditionelle Verhaltensweise)
zu tun, sondern allein mit mangelnder Intelligenz:
Schlimmer als die
Barbaren (also gar nicht zivilisiert, bzw. die Zivilisation ablehnend) sind die
Kommunisten (Staatskapitalisten), die, auch wenn sie vorgeblich "ungläubig"
sind, noch weiter "aus dem Paradies vertrieben" wurden (d. h. die
Unterscheidungsfähigkeit zwischen Marktwirtschaft und Privatkapitalismus
verloren haben) als alle anderen:
Die Religion
(Rückbindung auf den künstlichen Archetyp Jahwe = Investor) verbirgt die
Erbsünde und das bewusste Erkennen der Erbsünde ist die "Auferstehung aus
dem geistigen Tod der Religion", die zuerst dem Propheten Jesus von
Nazareth gelang:
(NHC II,3,21) Diejenigen, die
sagen: "Der Herr ist zuerst gestorben und dann auferstanden", sind im
Irrtum. Denn er ist zuerst auferstanden und dann gestorben. Wenn jemand nicht
zuerst die Auferstehung erwirbt, wird er sterben.
Damit ist allerdings
noch nichts gewonnen,…
…denn man muss auch
wissen, wie die Erbsünde zu überwinden ist:
Und auch damit ist
noch nichts gewonnen, solange es nicht alle wissen. Dabei würde es ausreichen,
wenn der "Normalbürger" es überhaupt wissen wollte, denn diese "banalsten
Selbstverständlichkeiten" kann jeder verstehen. Aber der
"Normalbürger" will die Zivilisation gar nicht erst andenken, denn
das würde ja seinen Lebenstraum zerstören, der darin besteht, irgendwann einmal
– und sei es auch noch so aussichtslos – auf Kosten anderer zu existieren,
damit andere nicht auf seine Kosten existieren!
Ein Leben in der
Matrix (alle Vorurteile und Denkfehler, die der "Normalbürger" nötig
hat, um "diese Welt" für die "beste aller möglichen Welten"
zu halten) ist ja "so schön", sagt sich der Verblendete – aber nicht
mehr lange! Als Auferstandener bemüht man sich nicht nur darum, alles zu
erklären, was nicht schon erklärt ist, sondern stellt sich auch die Frage, wie
schlimm es noch werden muss, damit die reale Angst vor dem Untergang unserer "modernen
Zivilisation" insgesamt größer wird, als die seit Jahrtausenden
eingebildete Angst vor dem "Verlust" des Glaubens an den "lieben
Gott".
Bisherige zeitliche
Prognosen waren zugegebenermaßen von Wunschdenken beeinflusst, denn wer
irgendeine Sache – in diesem Fall den eigentlichen Beginn der menschlichen
Zivilisation – gern verwirklicht sehen möchte, überschätzt die Faktoren, die
das Geschehen beschleunigen, und unterschätzt jene, die das noch bestehende
Elend hinauszögern. Insbesondere bei dieser für die ganze Menschheit
existenziellen Angelegenheit ist es nicht leicht, wieder eine gesunde "Leck
mich am Arsch"-Einstellung zu entwickeln, die nötig ist, um alles
Wunschdenken hinter sich zu lassen.
Mittlerweile ist es
mir egal, wann die Zinsgeld-Ökonomie endgültig zusammenbricht und niemand kann
sagen, ich hätte nicht rechtzeitig vor der prinzipiellen Unausweichlichkeit
dieses seit langem vorhergesagten Ereignisses gewarnt:
Wie ohne
Wunschdenken nicht anders zu erwarten, wird das zivilisatorische Mittelalter
von den "Etablierten" bis zum absoluten "Geht nicht mehr!"
hinausgezögert. Bis dahin bleibt jeder Versuch, die religiös verblendete Masse
aufzuklären, ergebnislos. Versuchen wir also aus heutiger Sicht zu bestimmen,
wann das "Geht nicht mehr!" eintreten muss. Einen ersten Hinweis
erhalten wir aus der durchschnittlichen Dauer der Konjunkturzyklen:
Das
volkswirtschaftliche Kreditangebot (der "Vater der Kultur" in der
Heiligen Schrift) zieht sich periodisch vom Markt zurück und verursacht
Wirtschaftskrisen, solange das Geld, als die grundlegendste zwischenmenschliche
Beziehung, nicht konstruktiv umlaufgesichert ist. Bis dahin muss das Volk den "großen
Investor" anbeten, wenn es nicht verhungern will. Am Schluss wird aber
alles Beten nichts mehr helfen, wenn die "großen Investoren"
endgültig das Vertrauen verlieren, und zwar nicht nur das Vertrauen in die
Privatwirtschaft, sondern auch in ihren ansonsten vertrauenswürdigsten
Helfershelfer, den "lieben Staat".
Als auf dem
bisherigen Höhepunkt der "Finanzkrise" 2008/2009 das Vertrauen in die
Privatwirtschaft erschüttert wurde, wurden viele Zinsgeldersparnisse "zur
Sicherheit" in mittel- bis langfristige Staatsanleihen umgeschichtet. Nur
dadurch konnte die politische Seifenoper mit staatlichen "Konjunkturpaketen"
und mancherlei anderem Unfug das (noch) bestehende Elend verlängern.
Mittlerweile wird aber auch unter den Gutgläubigen immer offensichtlicher, dass
der "liebe Staat" nur Unfug treibt,…
…sodass auch die
Staatsanleihen – bis auf die der Bundesrepublik Deutschland – ihre "beste
Bonität" verloren haben. Sobald das allgemeine Vertrauen in die
Weltwirtschaft erneut erschüttert wird, wird "zur Sicherheit" nur
noch in deutsche Staatsanleihen investiert. Darum kann die Verwirklichung der
Natürlichen Wirtschaftsordnung (echte Soziale Marktwirtschaft) nur vom
deutschen Volk ausgehen…
…und der Sargnagel
des zivilisatorischen Mittelalters wird die Pleite Griechenlands sein:
Gehen wir davon
aus, dass das Volk in Europa, um weiterhin den "großen Investor"
anbeten zu dürfen, dumm genug ist, dem griechischen Staat ein drittes "Hilfspaket"
zu gewähren, muss spätestens dann, wenn auch dieses verpufft ist, das "Vertrauen
der Anleger" endgültig verloren gehen und die "hohe Politik" wird
vor dem größten Scherbenhaufen der Geschichte stehen. Mit "politischen
Mitteln" (Staatsverschuldung und Geldmengenausweitung) ist dann nichts
mehr zu retten, sondern einzig und allein mit der schnellstmöglichen
Durchführung einer freiwirtschaftlichen Geld- und Bodenreform!
Es bleibt die
Frage, wie das scheinbar hoffnungslos verblendete Volk noch rechtzeitig mit dem
selbständigen Denken anfangen kann, bevor die öffentliche Ordnung auch in
Deutschland zusammenbricht. Nur ein von allen "Etablierten"
unerwartetes, globales Schockerlebnis, das in der religiös verblendeten
Masse eine maximale Existenzangst auslöst, kann den Denkprozess in Gang setzen.
Dazu werden nicht allein der rapide Zusammenbruch der Weltwirtschaft und
täglich immer mehr Katastrophenmeldungen in den Massenmedien beitragen, sondern
nicht zuletzt auch die Flüchtlingsströme, die sich schon jetzt und mit dem
evident werden der globalen Liquiditätsfalle lawinenartig über das Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland ergießen werden. Es werden dann nicht nur immer mehr
verarmte Menschen aus Afrika die Flucht nach Europa antreten, sondern auch
immer mehr verarmte Menschen aus anderen europäischen Staaten die Flucht nach
Deutschland.
Nebenbei bemerkt:
So genannte "politische Flüchtlinge" gibt es gar nicht, sondern immer
nur Wirtschaftsflüchtlinge. Weil die fehlerhafte (kapitalistische)
Makroökonomie prinzipiell ein Heer von Arbeitslosen erzeugt, das bei negativer
Außenhandelsbilanz eines Staates umso größer wird, dürfen sich die Staaten mit
positiver Außenhandelsbilanz nicht wundern, wenn Flüchtlingsströme die durch
die globale Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz erzeugten
Missverhältnisse der in jedem Staat "Vielzuvielen" wieder
auszugleichen suchen.
Dass in der
Natürlichen Wirtschaftsordnung nicht länger das Geld und die Sachkapitalien
knapp sind, sondern im Gegenteil die menschliche Arbeitskraft zur ökonomisch
knappsten Ressource und damit der arbeitende Mensch das Allerwertvollste wird, kann
wohl erst nach dem Jüngsten Tag erfahren werden. Bis dahin muss das deutsche
Volk nur eines begreifen: Das Geld läuft nicht mehr um, also brauchen wir eine
konstruktive Geldumlaufsicherung! Das sollte nicht zuviel verlangt sein, ist
aber schon schwer genug, wenn man bedenkt, dass von der Religion über
Jahrtausende alle elementaren volkswirtschaftlichen Zusammenhänge quasi
chirurgisch aus dem Begriffsvermögen der ganzen halbwegs zivilisierten
Menschheit vollständig ausgeblendet wurden und darüber hinaus das Denkvermögen
durch kindisches Moralgeschwafel einen schweren Schaden erlitten hat:
Einem religiös
verblendeten Volk, das in systemischer Ungerechtigkeit existiert, ohne deren
Ursache zu kennen, ist eine "Moral" immer leichter zu verkaufen als
eine Erkenntnis. Nur ganz Wenigen gelingt es, die perfide Doppelmoral zu
durchschauen,…
"Ich verurteile das Christentum, ich erhebe gegen
die christliche Kirche die furchtbarste aller Anklagen, die je ein Ankläger in
den Mund genommen hat. Sie ist mir die höchste aller denkbaren Korruptionen,
sie hat den Willen zur letzten auch nur möglichen Korruption gehabt. Die
christliche Kirche ließ Nichts mit ihrer Verderbnis unberührt, sie hat aus
jedem Wert einen Unwert, aus jeder Wahrheit eine Lüge, aus jeder
Rechtschaffenheit eine Seelen-Niedertracht gemacht. Man wage es noch, mir von
ihren "humanitären" Segnungen zu reden! Irgendeinen Notstand
abschaffen ging wider ihre tiefste Nützlichkeit, - sie lebte von Notständen,
sie schuf Notstände, um sich zu verewigen…
Der
Parasitismus als einzige Praxis der Kirche; mit ihrem Bleichsuchts-, ihrem
"Heiligkeits"-Ideal jedes Blut, jede Liebe, jede Hoffnung zum Leben
austrinkend; das Jenseits als Wille zur Verneinung jeder Realität; das Kreuz
als Erkennungszeichen für die unterirdischste Verschwörung, die es je gegeben
hat, - gegen Gesundheit, Schönheit, Wohlgeratenheit, Tapferkeit, Geist, Güte
der Seele, gegen das Leben selbst…
Diese ewige
Anklage des Christentums will ich an alle Wände schreiben, wo es nur Wände
gibt, - ich habe Buchstaben, um auch Blinde sehend zu machen… Ich heiße das
Christentum den Einen großen Fluch, die Eine große innerlichste Verdorbenheit,
den Einen großen Instinkt der Rache, dem kein Mittel giftig, heimlich,
unterirdisch, klein genug ist, - ich heiße es den Einen unsterblichen
Schandfleck der Menschheit…"
Friedrich Nietzsche
(Der Antichrist, 1888)
…bis sie
wissenschaftlich exakt erklärt werden kann:
"Betrachten wir uns die gegenwärtige Moral etwas
genauer, so erkennen wir, dass es sich um eine doppelte oder sogar eine
dreifache Moral handelt. Die in den Staatsgesetzen und in der öffentlichen
Meinung verankerte Moral soll verhindern, dass der Einzelmensch in
eigennütziger Weise gegen den Nutzen seiner Mitmenschen und damit gegen den
Gemeinnutzen verstößt, z. B. durch Diebstahl und Betrug. Aber sie erreicht diesen
Zweck nur in einem verhältnismäßig kleinen Teilbereich der menschlichen
Gesellschaft, nämlich nur für die Menschengruppe der wirtschaftlich Schwachen,
also der Arbeitenden. Der wirtschaftlich Starke, also der Kapitalist, hat ja
die moralisch verwerflichen, d. h. durch die Gesetze verbotenen und durch die
öffentliche Meinung verfemten Mittel nicht nötig zur Verwirklichung des
Eigennutzes mit Schädigung der Mitmenschen und des Gemeinwohles und zwar im
allergrößten und praktisch uneingeschränkten Ausmaß.
Neben dieser offenkundig doppelten Moral gibt
es aber noch eine dritte, von den wenigsten Menschen durchschaute Seite,
bedingt durch das heimlich schlechte Gewissen der Vertreter und Nutznießer
dieser verlogenen Moral. Hier handelt es sich freilich nicht um die
Großkapitalisten, die ja ihr Gewissen, wenn sie je eines besaßen, längst
abgetötet haben, sondern um die breite Schicht der bürgerlichen Bevölkerung,
die Arbeiter und Rentner zugleich sind, z. B. Rentner des in eine kostspielige
Berufsausbildung investierten Kapitals. Sie vertreten die kapitalistisch
verzerrte Moral, die ihre wirtschaftlichen Vorteile gegenüber den völlig
mittellosen, ausgebeuteten, arbeitenden oder arbeitslosen Bevölkerungsschichten
sichert. Aber sie haben dabei das dunkle Gefühl, auch wenn sie es sich nicht
offen eingestehen wollen und können, dass hier etwas nicht in Ordnung ist.
Daher versuchen sie ihr krankes Gewissen durch ein anständiges bürgerliches
Leben zu beschwichtigen oder, falls das noch nicht ausreicht, durch kirchliche
Frömmigkeit, persönliche Mildtätigkeit, Unterstützung sozialer Hilfsmaßnahmen
oder Eintreten für soziale Reformen, sofern diese nur nicht soweit gehen, ihre
eigenen, wohlerworbenen und moralisch sanktionierten wirtschaftlichen Vorrechte
zu gefährden. Den Gegensatz zwischen Gemeinnutz und Eigennutz halten sie für
eine zwar betrübliche, aber selbstverständliche und unabänderliche Tatsache.
Freilich können sie sich der in ethischer oder religiöser Einkleidung an sie
herantretenden Einsicht nicht verschließen, dass sie der moralischen Forderung
"Gemeinnutz geht vor Eigennutz" ständig zuwiderhandeln und dass ihr
wirtschaftliches Verhalten nur deshalb möglich und für sie vorteilhaft ist,
weil sie das verbriefte Vorrecht der sozial gehobenen Schichten auf Kosten der
unteren Gesellschaftsschichten ist. Aber sie beruhigen ihr Gewissen durch die
nicht zu bestreitende Feststellung, dass es keinen oder fast keinen Menschen
gibt, der gewillt und fähig ist, in seinem wirklichen Verhalten dem
Gemeinnutzen auf Kosten des Eigennutzen zu dienen. Die Tatsache aber, dass alle
Menschen Sünder sind, befreit den Einzelmenschen weitgehend vom Stachel des
Gewissens und kann nötigenfalls als eine Kollektiverscheinung auch durch
geeignete religiöse Kollektivmaßnahmen zwar nicht beseitigt, aber immerhin
gemildert und verdeckt werden.
Die wenigen
Menschen, in denen der Wille und die Fähigkeit zur inneren Ehrlichkeit durch
diese Moral noch nicht gestört wurde, wissen, dass der Egoismus, also das
Streben nach dem Eigennutzen (Der Begriff "Eigennutz" ist sorgfältig
vom Begriff "Selbstsucht" zu unterscheiden!) als Ausmaß des
Selbsterhaltungstriebes eine natürliche und naturgewollte Tatsache und als
solche für das Leben ebenso zweckmäßig wie notwendig ist. Eine Moral, die diese
Tatsache offen oder versteckt, theoretisch oder praktisch verkennt, verdeckt,
bestreitet oder bekämpft, ist deshalb in sich unwahr. Sie zwingt die Menschen
dazu, entweder zu lügen, nämlich bewusst oder unbewusst andere oder sich selbst
zu belügen, oder aber gegen diese Moral und damit gegen die Moral überhaupt
sich aufzulehnen, sei es äußerlich oder innerlich, offen oder heimlich, ehrlich
oder unehrlich, bewusst oder unbewusst. Nur wenige Menschen haben es im Lauf
der Menschheitsgeschichte ernstlich versucht, diese Moral für ihr persönliches
Leben zu verwirklichen, freilich kaum mit der zur nötigen Selbstaufgabe und
Selbstvernichtung führenden Konsequenz, sondern nur mit dem Ergebnis, dass die
schmerzliche Erkenntnis ihrer "Sündhaftigkeit" immer heftiger und
verzweiflungsvoller wurde und sie sich durch den aussichtslosen Kampf gegen die
natürlichen Triebe auch tatsächlich immer tiefer in wirkliche
"Sünde", nämlich in unnatürliche und widernatürliche Verirrungen
verstrickten.
Der
schleichende und fressende Schaden dieser verlogenen Moral artet in die akute
Form einer Katastrophe aus, wenn sie im Dienst einer politischen, sozialen oder
religiösen Gemeinschaft missbraucht wird. Der Egoismus des Einzelnen soll zum
Wohl der Gemeinschaft unterdrückt werden, aber er findet nur eine willkommene
Gelegenheit, sich unter der Maske der Gemeinschaftsidee im ehrlichen oder nur
vorgeblichen Eintreten für diese ohne moralische Hemmungen auszuleben. Je
länger und je stärker er unter dem Druck eines äußeren Zwanges oder einer
inneren "moralischen" Forderung zugunsten einer machtpolitischen
Gemeinschaft niedergehalten und aufgestaut wurde, desto heftiger, sinnloser und
entarteter ist die Form seiner Entladung, wenn ihm endlich unter dem
moralischen Deckmantel der Gemeinschaftsidee ein Ventil geöffnet wird. Die
Geschichte der Völker und Parteien, der religiösen Bewegungen und Sekten, die
Geschichte der Glaubens- und Parteikämpfe, innenpolitischen Maßnahmen und
militärischen Kriege bis in die Gegenwart hinein ist übervoll von Beispielen für
diese psychologisch so verständliche und menschlich so beschämende Tatsache.
Der
geschilderten, innerlich so verlogenen Moral mit all ihren, hier nur kurz
angedeuteten schädlichen Auswirkungen stellen wir nun die natürliche und
sinnvolle Ordnung entgegen, welche die Natürliche Wirtschaftsordnung nicht nur
für die wirtschaftlichen Beziehungen der Menschen untereinander darstellt,
sondern auch für den Aufbau der Gesellschaft und darüber hinaus jeder
menschlichen Gemeinschaft nahe legt. Die Grundlage jeder menschlichen
Beziehung, also auch jeder menschlichen Gemeinschaft, ist der
Leistungsaustausch im weitesten Sinn des Wortes. Jeder Mensch ist mit seinen
wirtschaftlichen und kulturellen, mit seinen körperlichen, seelischen und
geistigen Bedürfnissen auf die Hilfe und Ergänzung durch die Mitmenschen
angewiesen und erhält sie auch als Gegenleistung für die Hilfe und Ergänzung,
die er selbst den anderen gewährt. Der Leistungsaustausch geschieht ganz
allgemein ebenso wie im Sonderfall des wirtschaftlichen Warentausches auf der
Grundlage des freien Wettbewerbes nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage und
ist stets für beide Teilnehmer vorteilhaft. Es gilt hier im Wesentlichen
dasselbe Gesetz wie für den (direkten) Warentausch: für jeden der beiden
Teilnehmer hat die beim Austausch empfangene Leistung den gleichen objektiven,
aber einen höheren subjektiven Wert wie die dafür gegebene Gegenleistung. Der
Egoismus, also das Streben nach Eigennutz, ist also moralisch nicht nur
erlaubt, sondern sogar geboten; denn der Gemeinnutz kann nur in dieser Weise
durch Erfüllung des Eigennutzes gesichert werden und umgekehrt. Moralisch
verwerflich, gesellschaftlich verfemt, gesetzlich verboten und mit Strafe
bedroht aber ist die Selbstsucht, die den Eigennutzen auf Kosten des Gemeinnutzes
mit Umgehung des Leistungsaustausches zu verwirklichen strebt, z. B. durch
Diebstahl und Betrug nicht nur in dem üblicherweise verstandenen kleinen
Maßstab, sondern auch im großzügigen Maßstab unserer gegenwärtigen
kapitalistischen Geldwirtschaft und staatlichen Weltordnung. Aber auch die
Selbstlosigkeit, d. h. der Verzicht auf Leistungsaustausch zugunsten des
Gemeinwohles oder richtiger gesagt: der Verzicht auf eine handgreifliche
Gegenleistung für die gebotene eigene Leistung wird den moralischen
Heiligenschein verlieren; denn man wird erkennen, dass die meisten und
vielleicht sogar alle selbstlosen Handlungen in Wahrheit nur die Befriedigung
eines feineren, also edleren und darum wertvolleren Egoismus bezwecken."
Dr. Ernst Winkler
(Theorie der Natürlichen Wirtschaftsordnung, 1952)
Friedrich Nietzsche
hatte keinesfalls übertrieben. "Der Antichrist" war eine phänomenale
wissenschaftliche Leistung, bevor "Die Verwirklichung des Rechtes auf den
vollen Arbeitsertrag durch die Geld- und Bodenreform" (Silvio Gesell,
1906) geschrieben war. Bei diesem Kenntnisstand war es unvermeidlich, dass der
bedeutendste deutsche Philosoph mit seinen Zeitgenossen nichts mehr anfangen
konnte und schließlich an der Welt verzweifelte.
Eine "Leistung"
ganz anderer Art ist dagegen die "Fähigkeit" von Schweinepriestern,
Politikern und anderen berufsmäßigen Vollidioten (im ursprünglichen Wortsinn
verstanden), bis heute gar nichts begriffen zu haben. Das ist aber auch
vollkommen unwichtig, denn die Zivilisation braucht diese Dummschwätzer nicht.
Im Gegenteil: Für die Verwirklichung der Natürlichen Wirtschaftsordnung muss
das Volk nur erkennen, dass es niemals dümmer sein kann als jene, die außer
Lügen nichts gelernt haben – ob sie es wissen oder nicht.
Stefan Wehmeier, 02.08.2015
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