Sonntag, 30. September 2012

Von den drei Verwandlungen


"Drei Verwandlungen nenne ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamele wird, und zum Löwen das Kamel und zum Kinde zuletzt der Löwe.
   
    Was ist schwer? so fragt der tragsame Geist, so kniet er nieder, dem Kamele gleich, und will gut beladen sein.
    Was ist das Schwerste, ihr Helden? so fragt der tragsame Geist, daß ich es auf mich nehme und meiner Stärke froh werde.
    Ist es nicht das: sich erniedrigen, um seinem Hochmut wehe zu tun? Seine Torheit leuchten lassen, um seiner Weisheit zu spotten?
   
    Aber in der einsamen Wüste geschieht die zweite Verwandlung: zum Löwen wird hier der Geist, Freiheit will er sich erbeuten und Herr sein in seiner eignen Wüste.
    Seinen letzten Herrn sucht er sich hier: feind will er ihm werden und seinem letzten Gotte, um Sieg will er mit dem großen Drachen ringen.
    Welches ist der große Drache, den der Geist nicht mehr Herr und Gott heißen mag? "Du-sollst" heißt der große Drache. Aber der Geist des Löwen sagt "ich will".
   
    Aber sagt, meine Brüder, was vermag noch das Kind, das auch der Löwe nicht vermochte? Was muß der raubende Löwe auch noch zum Kinde werden?
    Unschuld ist das Kind und Vergessen, ein Neubeginnen, ein Spiel, ein aus sich rollendes Rad, eine erste Bewegung, ein heiliges Ja-sagen.
    Ja, zum Spiele des Schaffens, meine Brüder, bedarf es eines heiligen Ja-sagens: seinen Willen will nun der Geist, seine Welt gewinnt sich der Weltverlorene."

Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra.

Die Arbeitsteilung erhob den Menschen über den Tierzustand, und die Qualität der makroökonomischen Grundordnung bestimmt den Grad der Zivilisiertheit, die der Kulturmensch erreichen kann:

"Die Entwicklung vom Herdenmenschen, vom Teilmenschen zum selbständigen Vollmenschen, zum Individuum und Akraten, also zum Menschen, der jede Beherrschung durch andere ablehnt, setzt mit den ersten Anfängen der Arbeitsteilung ein. Sie wäre längst vollendete Tatsache, wenn diese Entwicklung nicht durch Mängel in unserem Bodenrecht und Geldwesen unterbrochen worden wäre – Mängel, die den Kapitalismus schufen, der zu seiner eigenen Verteidigung wieder den Staat ausbaute, wie er heute ist und ein Zwitterding darstellt zwischen Kommunismus und Freiwirtschaft. In diesem Entwicklungsstadium können wir nicht stecken bleiben; die Widersprüche, die den Zwitter zeugten, würden mit der Zeit auch unseren Untergang herbeiführen, wie sie bereits den Untergang der Staaten des Altertums herbeigeführt haben."

Silvio Gesell (Vorwort zur 4. Auflage der NWO)

Ist die Makroökonomie noch fehlerhaft, müssen Machtstrukturen aufgebaut werden. Dazu bedarf es einer "Verwandlung des Geistes" (Religion = Rückbindung auf künstliche Archetypen), um die makroökonomischen Konstruktionsfehler und die daraus resultierende, systemische Ungerechtigkeit und Beschränktheit aus dem Begriffsvermögen des arbeitenden Volkes auszublenden:

"Herrschsucht und Unduldsamkeit sind für die Massen sehr klare Gefühle, die sie ebenso leicht ertragen, wie sie sie in die Tat umsetzen. Die Massen erkennen die Macht an und werden durch Güte, die sie leicht für eine Art Schwäche halten, nur mäßig beeinflußt. Niemals galten ihre Sympathien den gütigen Herren, sondern den Tyrannen, von denen sie kraftvoll beherrscht wurden. Ihnen haben sie stets die größten Denkmäler errichtet. Wenn sie den gestürzten Despoten gern mit Füßen treten, so geschieht das, weil er seine Macht eingebüßt hat und in die Reihe der Schwachen eingereiht wird, die man verachtet und nicht fürchtet. Das Urbild des Massenhelden wird stets Cäsarencharakter zeigen. Sein Helmbusch verführt sie, seine Macht flößt ihnen Achtung ein, und sein Schwert fürchten sie. Stets bereit zur Auflehnung gegen die schwache Obrigkeit, beugt sich die Masse knechtisch vor einer starken Herrschaft. Ist die Haltung der Obrigkeit schwankend, so wendet sich die Masse, die stets ihren äußersten Gefühlen folgt, abwechselnd von der Anarchie zur Sklaverei, von der Sklaverei zur Anarchie."

Gustave Le Bon (Psychologie der Massen)

Weil die eigentliche religiöse Verblendung (künstliche Programmierung des kollektiv Unbewussten) darin besteht, die originale Heilige Schrift (die Bibel bis Genesis_11,9 sowie ein wesentlicher Teil der Nag Hammadi Schriften) nicht zu verstehen – unabhängig davon, ob man an den Unsinn glaubt, den die Priester darüber erzählen, oder nicht -, birgt die Religion die Gefahr, sich zu verselbständigen (Cargo-Kult), wenn es niemanden mehr gibt, der ihre wirkliche Bedeutung noch kennt. Die makroökonomischen Konstruktionsfehler, die Massenarmut, Umweltzerstörung und Krieg – und letztlich den Untergang der Kultur - unvermeidlich machen, und die etablierten Machtstrukturen können dann solange nicht behoben werden, wie der Cargo-Kult andauert, selbst wenn das Wissen bereits zur Verfügung steht, um die ideale Makroökonomie und die darauf aufbauende, herrschaftsfreie Gesellschaft zu verwirklichen, in der allgemeiner Wohlstand auf höchstem technologischem Niveau, eine saubere Umwelt und der Weltfrieden selbstverständlich werden.

Das "Kamel": zentralistische Planwirtschaft ohne liquides Geld (Ursozialismus)

"Auszug der Israeliten aus Ägypten"

Der "Löwe": Zinsgeld-Ökonomie (kapitalistische Marktwirtschaft)

"Ich finde die Zivilisation ist eine gute Idee. Nur sollte endlich mal jemand anfangen, sie auszuprobieren." (Arthur C. Clarke)

Das "Kind": Natürliche Wirtschaftsordnung (Marktwirtschaft ohne Kapitalismus)


Stefan Wehmeier, 30.09.2012




3 Kommentare:

  1. Und wie ist es mit den Biene-, Ameisen- Staaten. Da herrscht auch Arbeitsteilung und dort ist das eine Firmware. Und welcher Sinn steckt dahinter ?

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    1. Da müssen Sie die Bienen und Ameisen fragen. Wenn die stumm bleiben, könnten Sie es ersatzweise im "Ameisenstaat" Nordkorea versuchen und dort die stereotypische Antwort erhalten: "Der Sinn meines Lebens ist es, unserem geliebten Obersten Führer zu folgen."

      Die beste Antwort, die Ihnen ein selbständig denkender Mensch geben kann, ist wohl diese:

      "Die Schaffung von Reichtum ist durchaus nichts Verachtenswertes, aber auf lange Sicht gibt es für den Menschen nur zwei lohnende Beschäftigungen: die Suche nach Wissen und die Schaffung von Schönheit. Das steht außer Diskussion – streiten kann man sich höchstens darüber, was von beidem wichtiger ist."

      Arthur C. Clarke (Profile der Zukunft)

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