"Die Religionsfreiheit ist ein Grund- und Menschenrecht. Sie besteht vor allem in der Freiheit eines Menschen, seine Glaubensüberzeugung (das Glauben an einen Gott oder Götter) oder ein weltanschauliches Bekenntnis frei zu bilden und seine Religion oder Weltanschauung ungestört auszuüben sowie ihren Gesetzmäßigkeiten entsprechend zu handeln, einschließlich dafür zu werben, einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft anzugehören beziehungsweise seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln. Hierzu gehört auch die Freiheit, kultische Handlungen frei auszuüben (Kultusfreiheit). Zur Religionsfreiheit gehört zudem die Freiheit von Religion, somit die Freiheit eines Menschen, keiner Religion oder keiner bestimmten Religion angehören zu müssen, beziehungsweise das Recht, nicht an einen Gott zu glauben (siehe Atheismus und Agnostizismus)."
Mit der so genannten Religionsfreiheit im (noch) bestehenden zivilisatorischen Mittelalter (Zinsgeld-Ökonomie) verhält es sich ähnlich wie mit dem Streikrecht. Jeder Arbeiter hat das Recht zu streiken, denn...
"...da das Kapital keine Sache, sondern ein Knappheitszustand ist, wirkt alles, was den Zustand der Kapitalknappheit zu verstärken geeignet ist - wie etwa jeder Krieg, weil er Sachgüter zerstört, aber auch wie jeder Streik, der die Erzeugung von Sachgütern unterbindet -, der Überwindung des Kapitalismus entgegen. Der Spruch "Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will" lockt die Arbeitenden auf eine falsche Fährte. Der Streik schadet dem Kapitalismus nicht nur nicht, sondern richtet seine Spitze gegen die Arbeitenden selbst, weil er dazu beiträgt, die Sachgüter knapp und daher Zins-tragend zu halten. Durch Streik kann bestenfalls der Reallohn einer bestimmten Gruppe von Arbeitenden erhöht werden, und zwar stets auf Kosten der übrigen Arbeitenden, niemals aber auf Kosten des Zinses. Streikerfolge dieser Art sind immer nur Scheinerfolge, weil sie dem Zins nichts anzuhaben vermögen. Würde der Zins ernsthaft angetastet werden, dann antwortet unweigerlich ein Investitionsstreik des Geldes, der weit wirkungsvoller ist als der Streik der Arbeitenden!
Im Interesse der Arbeitenden liegt es also, dass nicht gestreikt, sondern möglichst ununterbrochen gearbeitet wird. Nur dadurch ist es möglich, jene Fülle von Sachgütern zu schaffen, die notwendig ist, um den Zins herabzudrücken und zuletzt ganz zu beseitigen. Nach Gesells Worten soll der Zins in einem Meer von Kapital untergehen. Stillstehende Räder bilden lediglich ein Hindernis auf dem Wege zu diesem Ziel. Darum muss es anstelle der Marxschen Streikparole richtig heißen: Alle Räder müssen laufen, soll das Kapital ersaufen."
Solange der Arbeiter das nicht versteht, soll er ruhig weiterstreiken. In ähnlicher Weise darf jeder an den "lieben Gott" glauben, oder auch nicht; wer sich für Letzteres entscheidet, bleibt dennoch religiös. Denn solange die Religion (der gemeinsame Ursprung von Judentum, Christentum und Islam) unverstanden bleibt, kann sich niemand davon befreien, so wie sich der Arbeiter nicht von der Ausbeutung befreien kann, solange er das Wesen des Kapitalismus nicht begreift.
Wie der verehrte Leser an dieser Stelle schon vermuten wird, hängt beides zusammen. Und auch wenn Karl Marx als Ökonom keine Leuchte war, so hatte er doch mit einem recht: Die Religion ist das "Opium des Volkes". Die Religion macht das arbeitende Volk dumm genug, den Kapitalismus NICHT zu verstehen! Allerdings hatte Karl Marx die Religion hoffnungslos unterschätzt, und so blieb auch er unfähig, den Kapitalismus als einen Knappheitszustand zu begreifen. Allein dem Genie Silvio Gesell (1862-1930) gelang es, den Kapitalismus zu ergründen und den richtigen Weg zu dessen Überwindung zu beschreiben, ohne zuvor die Religion verstanden zu haben. Weil aber die Religion bis heute unverstanden blieb, blieb auch Silvio Gesell weitestgehend unverstanden, obwohl die Natürliche Wirtschaftsordnung (freie Marktwirtschaft ohne Kapitalismus = echte Soziale Marktwirtschaft) "ja doch nur aus einer Reihe banalster Selbstverständlichkeiten besteht":
Niemand kann etwas verstehen, was er gar nicht erst verstehen will. Es ist also nicht eine Frage des Könnens, sondern des Wollens. Die Religion beeinflusst auf subtile Weise den Willen des unaufgeklärten Menschen und macht ihn zu einem gefügigen (bzw. "ausbeutungsfähigen") Untertan, der über bestimmte Zusammenhänge nicht selbständig nachdenken kann. Schlimmer noch: Die Hauptsorge des Untertanen ist es, Untertan zu bleiben, unabhängig von "Glaube" oder "Unglaube"! Der religiös Verblendete will also gar nicht aufgeklärt werden, genauso wie der Heroin-Süchtige nicht von der Nadel loskommt.
Die religiöse Verblendung funktioniert in der Weise, dass elementare makroökonomische Zusammenhänge in einer genialen Metaphorik dargestellt werden, die beliebige gegenständlich-naive Fehlinterpretationen provoziert. Aufgabe der Priester ist es, durch so genannte Exegese diese gegenständlich-naiven Fehlinterpretationen im Volk zu verbreiten und damit den eigentlichen makroökonomischen Sinngehalt wie in einem Vexierbild so weit zu überdecken, dass dieser vom arbeitenden Volk nicht mehr gesehen wird und auch gar nicht mehr gesehen werden will:
Himmel und Erde = Nachfrage (Geld) und Angebot (Waren)
Garten Eden / Paradies = freie (d. h. monopolfreie) Marktwirtschaft
Früchte tragende Bäume = Gewinn bringende Unternehmungen
Baum des Lebens = Geldkreislauf
Baum der Erkenntnis = Geldverleih
Frucht vom Baum der Erkenntnis = Urzins (S. Gesell) / Liquiditätsprämie (J. M. Keynes)
Gott (Jahwe) = künstlicher Archetyp: "Investor"
Mann / Adam = Sachkapital / der mit eigenem Sachkapital arbeitende Kulturmensch
Frau / Eva = Finanzkapital / der in Sachkapital investierende Kulturmensch
Tiere auf dem Feld = angestellte Arbeiter ohne eigenes Kapital (Zinsverlierer)
Schlange = Sparsamkeit (die Schlange erspart sich Arme und Beine)
Nachkommen der Schlange = Geldersparnisse
Nachkommen der Frau = neue Sachkapitalien
Kopf der Schlange = Kapitalmarktzins (Sachkapitalrendite)
Erbsünde = Privatkapitalismus (Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz)
Vertreibung aus dem Paradies = Verlust der Unterscheidungsfähigkeit zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus
Cherubim = Denkblockaden
Der Erkenntnisprozess der "Auferstehung aus dem geistigen Tod der Religion" bedeutet für den weitaus größten Teil der Menschheit zuerst die Akzeptanz der unangenehmen Tatsache, nicht zu den "lebendigen Menschen" zu gehören, sondern nur die "(Arbeits-)Tiere auf dem Feld" zu sein. Verglichen damit mag es dem Arbeiter leichter fallen, sich dem perfiden Priestergeschwätz anzuvertrauen, damit er gar nicht weiß, dass er ein Sklave ist:
"War es früher erforderlich, Sklaven, das heißt persönlich unfreie Menschen, zu halten, um sie auszubeuten, so bringt die Zinswirtschaft das Kunststück fertig, den Menschen sämtliche persönlichen und politischen Freiheiten zu gewähren und sie trotzdem auszubeuten. Obgleich Zinsnehmer und Zinszahler (angeblich) rechtlich einander gleichgestellt und ebenbürtig sind, vermag der eine sich die Früchte der Arbeit des anderen anzueignen. Diese legalisierte Ausbeutung beruht, wie gesagt, auf dem Vorhandensein von Monopolen. An die Stelle des Sklavenhalters ist im modernen Rechtsstaat der Zinsbezieher, an die Stelle des Sklaven der Zinszahler getreten. Die Ausbeutung erfolgt nicht mehr unmittelbar durch die Aneignung der Arbeit des Sklaven, sondern mittelbar durch das Monopol. Es ist begreiflich, dass die Sklaverei für die Ausbeuter uninteressant wurde, seitdem man die wirtschaftliche Unfreiheit der Auszubeutenden – diese einzige Voraussetzung einer jeden Ausbeutung – anstatt durch persönliche Freiheitsberaubung durch die Monopole zu erzielen vermochte."
Es gibt keine Gerechtigkeit außer der Marktgerechtigkeit. Darum ist die Marktwirtschaft nicht das sprichwörtliche, sondern das wahre Paradies – allerdings erst dann, wenn sie vom parasitären Gegenprinzip des Privatkapitalismus befreit ist. Das war vor 3200 Jahren noch unvorstellbar, sodass mit dem "Programm Genesis" die Erbsünde zunächst aus dem Begriffsvermögen des Volkes ausgeblendet wurde, um erst einmal in die kapitalistische Marktwirtschaft hineinzukommen und mit einiger Sicherheit nicht wieder in die Primitivität des Ursozialismus bzw. Staatskapitalismus (zentralistische Planwirtschaft noch ohne liquides Geld, z. B. vorantikes Ägypten) zurückzufallen. War dieser "Auszug der Israeliten aus Ägypten" zur damaligen Zeit ein enormer Fortschritt, wurde die damit verbundene Religion (Rückbindung auf den künstlichen Archetyp Jahwe=Investor) im Verlauf der Jahrhunderte immer mehr zu einem Hindernis für den eigentlichen Zivilisationsbeginn, der aus heutiger Sicht nicht erst seit Silvio Gesell, sondern schon seit Jesus von Nazareth möglich gewesen wäre:
Die Heilige Schrift ist nicht gegenständlich sondern funktional zu verstehen, sodass analog zur "Vertreibung aus dem Paradies" (Bedeutung: siehe oben) die "Rückkehr ins Paradies" den Wiedergewinn der Unterscheidungsfähigkeit zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus bedeutet, als Grundvoraussetzung dafür, die Marktwirtschaft mit dem heute zur Verfügung stehenden Wissen endlich vom Privatkapitalismus zu befreien:
Ohne dass die Religion das Volk noch immer "ausbeutungsfähig" hält, wäre die Ausbeutung längst überwunden, und umgekehrt wird es in der ausbeutungsfreien Gesellschaft keine Religion mehr geben. Das ist kein "Verlust", sondern ein enormer Gewinn – und zwar nicht nur für die bisher Ausgebeuteten, sondern auch für die bisherigen Ausbeuter, auch wenn das aus der vernebelten Sicht funktionsloser Investoren, Politiker und Priester etwas schwieriger zu verstehen ist:
Echte Religionsfreiheit – d. h. die Befreiung von der Religion durch die Auferstehung – ist nicht die sinnlose Wahl zwischen "Glaube" oder "Unglaube" an irgendein irrationales Priestergeschwätz, sondern bedeutet nichts Geringeres als die Entscheidung zwischen dem Untergang und dem eigentlichen Beginn der menschlichen Zivilisation:
Stefan Wehmeier, 29.01.2017