Dienstag, 18. September 2018

Dummheit muss weh tun

"Gegen das Böse lässt sich protestieren, es lässt sich bloßstellen, es lässt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurücklässt. Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt lässt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden - in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch -, und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden. Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht.
    Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich.
    Um zu wissen, wie wir der Dummheit beikommen können, müssen wir ihr Wesen zu verstehen suchen. Soviel ist sicher, dass sie nicht wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist. Es gibt intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind. Diese Entdeckung machen wir zu unserer Überraschung anlässlich bestimmter Situationen. Dabei gewinnt man weniger den Eindruck, dass die Dummheit ein angeborener Defekt ist, als dass unter bestimmten Umständen die Menschen dumm gemacht werden, bzw. sich dumm machen lassen. Wir beobachten weiterhin, dass abgeschlossen und einsam lebende Menschen diesen Defekt seltener zeigen als zur Gesellung neigende oder verurteilte Menschen und Menschengruppen.
…Dass der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, dass man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen missbraucht, misshandelt. So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen.
…Aber es ist gerade hier auch ganz deutlich, dass nicht ein Akt der Belehrung, sondern allein ein Akt der Befreiung die Dummheit überwinden könnte. Dabei wird man sich damit abfinden müssen, dass eine echte innere Befreiung in den allermeisten Fällen erst möglich wird, nachdem die äußere Befreiung vorangegangen ist; bis dahin werden wir auf alle Versuche, den Dummen zu überzeugen, verzichten müssen."

Dietrich Bonhoeffer ("Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit", 1943)

Dass Dummheit "nicht wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist", wird daran deutlich, dass Massenarmut, Umweltzerstörung, Terrorismus und Krieg bis heute als "Gott-gegeben normal" angesehen werden, während die theoretische Voraussetzung für allgemeinen Wohlstand auf höchstem technologischem Niveau, eine lebenswerte Umwelt und dauerhaften Weltfrieden bei maximaler Freiheit seit über einem Jahrhundert zur Verfügung steht...


...und die Natürliche Wirtschaftsordnung (freie Marktwirtschaft ohne Kapitalismus = echte Soziale Marktwirtschaft) "ja doch nur aus einer Reihe banalster Selbstverständlichkeiten besteht." Das Ausmaß der hierfür erforderlichen Dummheit ist so gewaltig, dass selbst wenn es sich nicht beweisen ließe, nur eine Ursache in Frage kommt. Ein Dummer, auch als geistig Toter oder Untertan bezeichnet, ist ein religiös Verblendeter,

dadurch gekennzeichnet,

dass ein Untertan des Gottes Jahwe die im Folgenden aufgeführten Metaphern auf der linken Seite mit allem anderen (vermeintlicher "Unsinn" eingeschlossen) in Verbindung bringt, als ihren jeweils wissenschaftlichen Bedeutungen auf der rechten Seite:

Gott der HERR (Jahwe) = künstlicher Archetyp "Investor"
Erde und Himmel = Angebot (Waren) und Nachfrage (Geld)
Regen / Feuchtigkeit = Geldemission / Liquidität
Lebendiger Mensch = selbständiger Unternehmer
Garten Eden (Paradies) = freie (d. h. monopolfreie) Marktwirtschaft
Früchte tragende Bäume = Gewinn bringende Unternehmungen
Baum des Lebens (ez pri ose pri: "Baum, der Frucht ist und Frucht macht") = Geldkreislauf
Baum der Erkenntnis (ez ose pri: "Baum, der Frucht macht") = Geldverleih
Frucht vom Baum der Erkenntnis = Urzins (S. Gesell) / Liquiditätsprämie (J. M. Keynes)
Mann / Adam = Sachkapital / der mit eigenem Sachkapital arbeitende Kulturmensch
Frau / Eva = Finanzkapital / der in neues Sachkapital investierende Kulturmensch
Tiere auf dem Feld = angestellte Arbeiter ohne eigenes Kapital (Zinsverlierer)
Schlange = Sparsamkeit (die Schlange erspart sich Arme und Beine)
Tod = geistiger Tod durch religiöse Verblendung
gut oder böse = egoistisch und gebildet oder selbstsüchtig und eingebildet
Erbsünde = Privatkapitalismus (Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz)
"die Frau gab ihrem Mann von der Frucht" = Übertragung des Urzinses auf das Sachkapital
"nackt" sein = mit eigener Arbeit Geld verdienen
"bekleidet" sein = als Investor von der Arbeit anderer Zins erpressen (lat.: vestis = Kleidung)
"als der Tag kühl geworden war" = Abkühlung der Konjunktur (beginnende Liquiditätsfalle)
"unter den Bäumen im Garten verstecken" = so tun, als wäre der Zins Lohn für eigene Leistung
"die Frau, die du mir zugesellt hast" = Abhängigkeit von zinsträchtiger Ersparnis
Nachkommen der Schlange = Geldersparnisse
Nachkommen der Frau = neue Sachkapitalien
Kopf der Schlange = Kapitalmarktzins (Sachkapitalrendite)
"unsereiner" = die nichts anderes zu tun haben, als sich an der Mehrarbeit anderer zu bereichern
Vertreibung aus dem Paradies =
Verlust der Unterscheidungsfähigkeit zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus
Cherubim = Denkblockaden

Als die Marktwirtschaft erfunden wurde (alles, was existiert, muss zuerst erfunden werden), war die Wissenschaft noch nicht so weit, das parasitäre Gegenprinzip des Privatkapitalismus überwinden zu können. Für das Übergangsstadium der kapitalistischen Marktwirtschaft (noch bestehendes zivilisatorisches Mittelalter) musste somit der dazu passende Untertan miterfunden werden, indem alle elementaren makroökonomischen Zusammenhänge, die der Schöpfungsmythos (es geht um die Schöpfung von Kultur als Folge halbwegs entwickelter Arbeitsteilung und nicht um die "Schöpfung von Natur") in einer genialen Metaphorik umschreibt, durch gegenständlich-naive Fehlinterpretationen (so genannte Exegese) zuerst der jüdischen und dann auch der katholischen und islamischen Priesterschaft aus dem Begriffsvermögen der halbwegs zivilisierten Menschheit nahezu vollständig ausgeblendet wurden:

(Silvio Gesell, 1916): "Der Sparer erzeugt mehr Ware, als er selbst kauft, und der Überschuss wird von den Unternehmern mit dem Geld der Sparkassen gekauft und zu neuen Realkapitalien verarbeitet. Aber die Sparer geben das Geld nicht her ohne Zins, und die Unternehmer können keinen Zins bezahlen, wenn das, was sie bauen, nicht wenigstens den gleichen Zins einbringt, den die Sparer fordern. Wird aber eine zeitlang an der Vermehrung der Häuser, Werkstätten, Schiffe usw. gearbeitet, so fällt naturgemäß der Zins dieser Dinge. Dann können die Unternehmer den von den Sparern geforderten Zins nicht zahlen. Das Geld bleibt in den Sparkassen liegen, und da gerade mit diesem Geld die Warenüberschüsse der Sparer gekauft werden, so fehlt für diese jetzt der Absatz, und die Preise gehen zurück. Die Krise ist da."

Diesen einfachen Sachverhalt NICHT zu verstehen, ist schon wieder schwierig. Bevor das Wissen zur Verfügung stand, wie zu vermeiden ist, was heute als "Finanzkrise" bezeichnet wird, durfte das arbeitende Volk aber genau diesen Zusammenhang zwischen der Knappheit des eingesetzten Sachkapitals und der Höhe des Kapitalmarktzinses NICHT verstehen; anderenfalls wäre unsere "moderne Zivilisation" nie entstanden! Der von Silvio Gesell beschriebene Sachverhalt (20 Jahre später von John Maynard Keynes als Liquiditätsfalle bezeichnet) findet sich unter Genesis_3,15:

Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir (der Sparsamkeit) und der Frau (dem Finanzkapital) und zwischen deinem Nachkommen (den Geldersparnissen) und ihrem Nachkommen (neuen Sachkapitalien); der (neues Sachkapital) soll dir (der Sparsamkeit) den Kopf (die Rendite) zertreten, und du (die Sparsamkeit wird) wirst ihn (der weiteren Sachkapitalvermehrung) in die Ferse stechen.

Der Text dürfte etwa 3250 Jahre alt sein, ursprünglich verfasst von Moses, der somit als der Erfinder der Marktwirtschaft anzusehen ist – und der bereits über ein makroökonomisches Wissen verfügte, das mindestens dem von Adam Smith entsprach! Wer dagegen in den Bibeltext irgendeinen religiösen Blödsinn hineininterpretiert, ist unfähig, eine Liquiditätsfalle zu verstehen, und genau das ist der eigentliche Zweck der Religion, die vom Wahnsinn mit Methode zum Wahnsinn ohne Methode (Cargo-Kult um die Heilige Schrift) mutierte. Denn professionelles Lügen will gelernt sein und stellt für den Lügner eine erhebliche Belastung dar, solange er selbst die Wahrheit noch kennt. Im Nachhinein betrachtet muss die psychologische Belastung für die israelitische Priesterschaft ab dem 6. vorchristlichen Jahrhundert unerträglich geworden sein. Dem arbeitenden Volk erzählten sie Märchen über den "lieben Gott", um die Kulturentwicklung nicht zu gefährden, während alle auf den einen vorhergesagten Propheten warteten, der ihnen erklären würde, wie die Erbsünde zu überwinden ist. Und als der Prophet erschien, wurde er nicht mehr verstanden, weil auch die "Pharisäer und Schriftgelehrten" (heute in etwa zu übersetzen mit "Politiker/Schweinepriester und Rechtsverdreher") längst in der religiösen Verblendung versunken waren, die ihre Vorgänger für das israelitische Volk geschaffen hatten. Somit ist es nicht verwunderlich, dass Jesus nur zwölf arme Zeitgenossen fand, denen er sich halbwegs verständlich machen konnte, und die Überwindung der Erbsünde musste in die Zukunft verschoben werden.

Die ursprüngliche Lehre des Jesus von Nazareth wurde vergessen und nur der Cargo-Kult des Katholizismus (stellvertretend für alles, was sich "christlich" nennt) blieb bestehen, den Friedrich Nietzsche als "den Einen unsterblichen Schandfleck der Menschheit" bezeichnete. Völlig zurecht, wie ein Vergleich der "Bildzeitung der Antike" (der biblischen Evangelien) mit den originalen Gleichnissen beweist, die erst 1945 mit den Nag Hammadi Schriften wiedergefunden wurden:

(NHC II,2,016) Vielleicht denken die Menschen, dass ich gekommen bin, um Frieden auf die Welt zu werfen, und sie wissen nicht, dass ich gekommen bin, um Spaltungen auf die Erde zu werfen, Feuer, Schwert, Krieg. Es werden nämlich fünf in einem Hause sein. Drei werden gegen zwei und zwei gegen drei sein, der Vater gegen den Sohn und der Sohn gegen den Vater. Und sie werden als Einzelne dastehen.
(Matthäus 10,34-35) Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter.
(NHC II,2,030) Wo drei Götter sind, sind sie Götter; wo zwei oder einer sind, - ich bin mit ihm.
(Matthäus 18,20) Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.
(NHC II,2,044) Wer den Vater lästern wird, dem wird man vergeben; wer den Sohn lästern wird, dem wird man vergeben; wer aber den heiligen Geist lästern wird, dem wird man nicht vergeben, weder auf der Erde noch im Himmel.
(Lukas 12,10) Und wer ein Wort gegen den Menschensohn sagt, dem soll es vergeben werden; wer aber den heiligen Geist lästert, dem soll es nicht vergeben werden.
(NHC II,2,055) Wer nicht seinen Vater hasst und seine Mutter, wird mir nicht Jünger sein können. Und wer seine Brüder nicht hasst und seine Schwestern und nicht sein Kreuz trägt wie ich, wird meiner nicht würdig sein.
(Matthäus 10,37-38) Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz nimmt und mir nachfolgt, der ist meiner nicht wert.
(NHC II,2,105) Wer den Vater und die Mutter kennen wird, er wird Sohn der Hure genannt werden.
(unwissenschaftliche Übersetzung / "moderne" theologische Interpretation von NHC II,2,105) Wer den Vater und die Mutter kennt, kann der Sohn einer Hure genannt werden?
(NHC II,2,106) Wenn ihr die zwei zu einem macht, werdet ihr Söhne des Menschen werden. Und wenn ihr sagt: "Berg, hebe dich hinweg!", wird er verschwinden.
(Matthäus 18,19) Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. (Matthäus 17,20) Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.

Mutter (der Kultur) = Summe aller Ersparnisse
Hure = Finanzkapital
Brüder und Schwestern = Sach- und Finanzkapitalien mit eingeschränkter Konkurrenz
Berg = Rentabilitätshürde des Urzinses
Vater (der Kultur) = volkswirtschaftliches Kreditangebot
Sohn = Kreditnachfrage für neue Sachkapitalien
heiliger Geist = umlaufgesichertes Geld (heilig = gesichert; Geist = Geldumlauf)

(NHC II,2,113) Seine Jünger sagten zu ihm: "Das Königreich, an welchem Tag wird es kommen?" Jesus sagte: "Es wird nicht kommen, wenn man Ausschau nach ihm hält. Man wird nicht sagen: "Siehe hier oder siehe dort", sondern das Königreich des Vaters ist ausgebreitet über die Erde, und die Menschen sehen es nicht." ***

Königreich des Vaters = Natürliche Wirtschaftsordnung

*** (Silvio Gesell, Vorwort zur 3. Auflage der NWO, 1918) "Die Wirtschaftsordnung, von der hier die Rede ist, kann nur insofern eine natürliche genannt werden, da sie der Natur des Menschen angepasst ist. Es handelt sich also nicht um eine Ordnung, die sich etwa von selbst, als Naturprodukt einstellt. Eine solche Ordnung gibt es überhaupt nicht, denn immer ist die Ordnung, die wir uns geben, eine Tat, und zwar eine bewusste und gewollte Tat."

Betrachten wir zusammenfassend den ursprünglichen Schöpfungsmythos der Genesis als ein Gleichungssystem mit 28 Unbekannten und "die geheimen Worte, die der lebendige Jesus sagte", als ein davon abhängiges Gleichungssystem mit weiteren acht Unbekannten, ist eine zweite Lösung praktisch ausgeschlossen, und gäbe es keine Lösung (bzw. keinen tieferen rationalen Sinngehalt), wäre es nicht die Heilige Schrift. Davon abgesehen, kann die in der Genesis umschriebene Erbsünde ohnehin nichts anderes sein als der Privatkapitalismus, da alle Zivilisationsprobleme, die sich überhaupt thematisieren lassen, nur daraus erwachsen. Weiterhin konnte Jesus nur durch das erstmalige Erkennen der Natürlichen Wirtschaftsordnung zur berühmtesten Persönlichkeit der Welt werden, auf der bis heute die planetare Zeitrechnung basiert, weil allein eine freiwirtschaftliche Geld- und Bodenreform den Kapitalismus überwindet.

(NHC II,3,21) Diejenigen, die sagen: "Der Herr ist zuerst gestorben und dann auferstanden", sind im Irrtum. Denn er ist zuerst auferstanden und dann gestorben. Wenn jemand nicht zuerst die Auferstehung erwirbt, wird er sterben.

So einfach ist die Kulturgeschichte nach der "Auferstehung aus dem geistigen Tod der Religion", während die Dummen noch immer darüber nachdenken, wie ein "Herausklettern des toten Jesus aus seinem Grab" möglich sein konnte. Die Religion (Rückbindung auf den künstlichen Archetyp Jahwe=Investor) hätte zu einer beschleunigten Kulturentwicklung geführt, wäre das esoterische Wissen der israelitischen Priesterschaft um die wahre Bedeutung der Erbsünde bis zum Beginn unserer Zeitrechnung erhalten geblieben. Stattdessen wurde die Kulturentwicklung um zwei Jahrtausende verzögert. Auch wenn er den Zusammenhang mit der Religion nicht kannte, beschrieb Silvio Gesell diesen Sachverhalt wie folgt:

"Wir wären weit, weit über den Kapitalismus hinaus (Kapitalismus = wirtschaftlicher Zustand, in dem die Nachfrage nach Geld und Realkapitalien das Angebot übertrifft und darum den Zins bedingt), wenn seit 3000 Jahren durch die Wirtschaftskrisen die Kultur nicht immer wieder die mühsam erklommenen Stufen heruntergestoßen worden wäre; wenn die bettelhafte Armut, in der jede Krise die Volksmassen hinterlässt, nicht die Bettlergesinnung großgezogen hätte, die nun einmal den Menschen, groß und klein, in den Knochen liegt. … Die Plage des Hungers und der Druck der Schulden sind böse Erzieher. …Und wo wären wir heute in wissenschaftlicher, technischer, … Beziehung angelangt, wenn die vielversprechende Kultur, die das Gold, obschon blutbefleckt, geraubt und erpresst, in Rom erstehen ließ, nicht unter einer anderthalbtausendjährigen, durch Geldmangel erzeugten ökonomischen Eiszeit erstarrt, vergletschert, vernichtet worden wäre? Sicherlich säßen wir jetzt auf dem Throne Gottes und ließen das All im Kreis an unserem Finger laufen."

(aus "Die neue Lehre vom Geld und Zins", 1911)

Wie kann die halbwegs zivilisierte Menschheit heute begreifen, was sie in 2000 Jahren nicht begriffen hat? Der eigentliche Beginn der menschlichen Zivilisation wird solange hinausgezögert, wie es im zivilisatorischen Mittelalter noch irgendwie weitergeht, ganz egal, wie viel Leid und Elend die aus dem allgemeinen Begriffsvermögen ausgeblendete "Mutter aller Zivilisationsprobleme" bis dahin noch verursachen mag. Hauptsache, die Dummen können weiter den "lieben Gott" anbeten. Im Unterschied zu früheren Zeiten, wo der Krieg – zwecks umfassender Sachkapitalzerstörung, um den Zinsfuß anzuheben und damit das Geld wieder in Bewegung zu bringen – tatsächlich der Vater aller Dinge war, gilt das heute aber nicht mehr, denn der Atomkrieg wäre das Ende aller Dinge! Bei etwa 16.000 Atomsprengköpfen, von denen jeder ein Vielfaches der Sprengkraft der Hiroshima-Bombe hat, besteht zumindest daran kein Zweifel.

Nur religiös Verblendete können überhaupt so dumm sein, sich gegenseitig mit Atomwaffen zu bedrohen. Aber gerade die atomare Abschreckung und der allein dadurch bis heute verhinderte Dritte Weltkrieg hat die Zinsumverteilung sowohl innerhalb der Nationalstaaten als auch zwischen den Staaten auf ein solch historisch einmaliges Ausmaß ansteigen lassen, dass der Atomkrieg gar nicht mehr nötig ist, um praktisch von einem Tag auf den anderen unsere "moderne Zivilisation" auszulöschen! Wird die globale Liquiditätsfalle (Armageddon) evident, steht die ganze Wirtschaft einfach still. Nichts geht mehr, buchstäblich, und die "Verantwortlichen" haben keine Ahnung, warum. Was den finalen Crash auslöst, ob es die "offizielle Pleite" Griechenlands oder irgendein anderes Ereignis sein wird, spielt keine Rolle. Sicher ist, dass er passiert und dass ein immer kleinerer Anstoß genügt, um eine immer größere und schnellere Wirkung zu erzielen, je weiter das Elend mit "politischen Mitteln" (Deficit Spending) noch verlängert werden kann.

Nicht "Gott sei Dank", sondern "Keynes sei Dank" gibt es uns noch – aber nicht mehr lange, wenn es nicht gelingt, die Natürliche Wirtschaftsordnung zu verwirklichen, bevor der Geldkreislauf ganz zum Erliegen kommt, die öffentliche Ordnung zerfällt ("Mad Max"-Szenario) und der Rückfall in die Steinzeit unvermeidlich wird. Diese "Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden", solange die Dummen in der Mehrzahl sind. Der finale Crash muss also erst passieren, bevor er geglaubt wird, und dann wird sich erweisen, ob das einstige Volk der Dichter und Denker noch dazu fähig ist, "die eigenen Köpfe anzustrengen, statt fremde Köpfe einzuschlagen"...



Stefan Wehmeier, 18.09.2018