In einer
kapitalistischen Marktwirtschaft (noch gegenwärtiger Ist-Zustand), welche durch
die Verwendung eines gesetzlichen Zwischentauschmittels mit
Wertaufbewahrungs(un)funktion (Zinsgeld) und ein privates Bodeneigentumsrecht
gekennzeichnet ist, setzt sich das gesamte Bruttosozialprodukt (BSP) aus Lohn
(Arbeitseinkommen, verdienter Knappheitsgewinn) und Zins
(Liquiditätsverzichtsprämie, Dividende, Rendite, Spekulationsgewinn, private
Bodenrente, allg.: unverdienter Knappheitsgewinn) zusammen. Während der Lohn
sich im Idealfall direkt proportional zur individuellen Arbeitsleistung
entwickelt, ist der Zins das genaue Gegenprinzip: derjenige, der arbeitet,
zahlt den Zins; und derjenige, der nicht arbeitet, bekommt den Zins. Ziel aller
Gerechtigkeitsbestrebungen seit den ersten Anfängen der Marktwirtschaft ist es,
den Zins zu überwinden, jedes arbeitsfreie Kapitaleinkommen auf Kosten der
Mehrarbeit anderer zu beseitigen. Mit einem Wort: Marktgerechtigkeit.
Dass es eine andere
Gerechtigkeit als die Marktgerechtigkeit nicht gibt – zumindest solange unsere
Technologie noch nicht soweit fortgeschritten ist wie in Arthur C. Clarke´s
„The City and the Stars“ -, muss jedem vernünftigen Menschen klar sein, der die
ganze Unsinnigkeit des Marxismus (Kapitalismus ohne Marktwirtschaft) erfasst
hat:
Eine
ausbeutungslose und darum auch klassenlose Gesellschaft ist nicht durch eine
Abschaffung der Marktwirtschaft, sondern nur durch die Befreiung der
Marktwirtschaft vom parasitären Gegenprinzip des Privatkapitalismus
(Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz) möglich. Dazu muss der Zins makroökonomisch
auf Null geregelt werden (Soll-Zustand), damit das gesamte BSP aus Lohn
besteht. Der Staat ist dann nicht länger eine „Anstalt zur zwangsweisen
Einziehung des arbeitslosen Einkommens“ und kann auf das zurückgeführt werden,
was er sein soll:
Auch so genannte
„Liberale“ sollten endlich einsehen, dass die Befreiung von staatlichen
Reglementierungen nicht durch das Beschimpfen des „bösen Sozialismus“ zu
erreichen ist, sondern der Abbau des Staates muss sich von selbst ergeben,
indem die wirtschaftlichen Voraussetzungen für Freiheit und Gerechtigkeit
geschaffen werden:
Freiheit ist nichts
anderes als das Recht zur Beteiligung am Wettbewerb – und nur der
uneingeschränkte marktwirtschaftliche Wettbewerb (Freiwirtschaft) kann den Zins
auf Null regeln und damit das Recht auf den vollen Arbeitsertrag verwirklichen,
kann absolute Gerechtigkeit durch absolute Marktgerechtigkeit schaffen. Was der
gewöhnliche „Liberale“ oder „Libertäre“ unter „Freiheit“ missversteht, ist aber
das genaue Gegenteil: Er will sich das „Recht auf den Zins“ erhalten, weil er gar
nicht die Absicht hat, als Freier unter Freien zu leben, sondern sich eine
größere Freiheit davon verspricht, als Zinsgewinner unter vielen Zinsverlierern
zu existieren, unabhängig davon, ob es ihm jemals gelingt, in den exklusiven
Club der Zinsgewinner aufzusteigen. Ein solcher „Aufstieg“ ist in Wahrheit nur der Abstieg in die völlige Bewusstlosigkeit, denn ein Zinsgewinner kann
nicht mehr wissen, was er will und verliert die Orientierung. Bewusstes Leben
bedingt die Überwindung der Religion und die stetige Proportionalität von
marktwirtschaftlich erbrachter Leistung und Gegenleistung für alle
Wirtschaftsteilnehmer:
Das Ganze ist mehr
als die Summe seiner Teile. Das gilt nicht nur für einen Transistorhaufen
genannt Operationsverstärker oder für den Zellhaufen, den wir homo sapiens
nennen, sondern auch für jede Volkswirtschaft, die erst dann ihre volle
Leistungsfähigkeit entfalten kann, wenn eine konstruktive Verbindung von
Individual- und Sozialprinzip hergestellt ist. Die Freiheit des Individuums
wird dadurch nicht etwa gehemmt, sondern potenziert – unter der Voraussetzung,
dass der Wettbewerb frei ist. Denn jede Beschränkung des Wettbewerbs bedeutet
ein Monopol für den einen und damit zwangsläufig Ausbeutung für den anderen!
Die folgenden
Ausführungen orientieren sich am zweiten bis dritten Hauptkapitel des Buches
„Die Lösung der Sozialen Frage“ (1952) von Otto Valentin. Weil der Text im Original
einerseits viele Wiederholungen und einige Ungenauigkeiten, aber andererseits
auch die absolut beste Definition zum Begriff des Monopols bietet, die in der
gesamten volkswirtschaftlichen Literatur zu finden ist, habe ich den Text
komplett überarbeitet, auf das Wesentliche gekürzt und die Ungenauigkeiten mit eigenen
Worten genauer erklärt:
Wo freie Konkurrenz
besteht, herrscht wirtschaftliche Vernunft und Gerechtigkeit. Es tauscht sich
Ware und Leistung des einen haarscharf gegen Ware und Leistung des anderen;
jeder Arbeitende erhält genau den Gegenwert seiner Arbeit, nicht mehr und nicht
weniger; es ist nicht möglich, ein dauerndes leistungsloses Einkommen, einen
Zins zu beziehen. Dazu Franz Oppenheimer: „Wo
freie Konkurrenz besteht, da wenden sich die Arbeitskräfte denjenigen
Erwerbszweigen zu, in denen infolge hoher Preise mehr als das durchschnittliche
Einkommen erzielt wird, und dann steigt das Angebot, sinken die Preise und das
Einkommen. Und umgekehrt wenden sich, wo freie Konkurrenz besteht, die
Arbeitskräfte von den Erwerbszweigen ab, in denen bei niedrigen Preisen weniger
als das durchschnittliche Einkommen erzielt wird, und dann sinkt das Angebot,
steigen die Preise und das Einkommen. Wenn in einer Stadt die Zimmerleute mehr
verdienen als die Tischler, dann ziehen einige Tischler fort und der Lohn der
Zurückbleibenden wird höher; und einige Zimmerleute ziehen zu mit der Folge,
dass ihr Lohn niedriger wird. Wenn im ganzen Land die Rechtsanwälte mehr
verdienen als die Ärzte, dann studieren mehr junge Leute die Rechte und weniger
die Medizin, und nach einiger Zeit ist das Einkommen der beiden Berufe wieder
im Gleichgewicht. Auf diese Weise bewirkt die freie Konkurrenz, dass sich auf
die Dauer und im Durchschnitt ein Tag Zimmermannsarbeit haarscharf gegen einen
Tag Tischlerarbeit tauscht, dass sich auf die Dauer und im Durchschnitt eine
Stunde gewöhnlicher Rechtsanwaltsarbeit gegen eine Stunde gewöhnlicher
Arztarbeit tauscht. Der Preis der Waren bzw. Leistungen, bei dem dieses
Gleichgewicht besteht, ist ihr „natürlicher“ oder „gerechter“ Preis.“
Gleiche Zeiten
gleichwertiger Arbeit haben sich getauscht, es ist auf keiner Seite ein Mehr
oder Weniger entstanden; es ist nirgends ein Zins in Erscheinung getreten; die
Forderung der wirtschaftlichen Vernunft und Gerechtigkeit ist erfüllt. Die
gleiche Vernunft und Gerechtigkeit verlangt aber auch, dass gleiche Zeiten
ungleichwertiger Arbeit ungleiches Einkommen einbringen. Wenn ein besonders
geschickter Arbeiter im Akkordlohn doppelt so viel schafft wie ein anderer, der
ungeschickt ist, dann verdient er den doppelten Lohn und es tauscht sich eine
Stunde seiner Arbeitszeit gegen zwei Stunden des anderen. Wenn ein Architekt
besonders gefragt ist, kann er zwanzigmal soviel verdienen wie ein unbegabter
Bauunternehmer; und der Bauunternehmer muss, wenn er diesen Architekten
konsultiert, zwanzig Stunden seiner Arbeitszeit gegen eine Stunde tauschen. Auch
in diesen Fällen hat jede Leistung, jede Ware ihren „natürlichen“ und
„gerechten“ Preis und es entsteht beim Tausch weder ein Mehr noch ein Weniger.
Eine Stunde höherer Arbeit hat eben den doppelten oder auch zwanzigfachen Preis
einer Stunde gewöhnlicher Arbeit, und darum tauschen sich auch hier, wenn nicht
gleiche Arbeitszeiten, so doch gleiche natürliche Arbeitspreise. Das ist
gerecht und vernünftig und liegt im allgemeinen Vorteil. Es wäre ungerecht,
wenn der Fleißige nicht mehr verdiente als der Faulpelz, und der Begabte nicht
mehr als der Unbegabte. Es wäre auch für die Allgemeinheit schädlich. Denn dann
würde kaum jemand mehr fleißig sein und kaum jemand würde noch das Streben
haben, seine Begabung zur höchsten Leistungsfähigkeit zu entwickeln. Und
darunter müssten alle leiden.
Auf diese Weise
bewirkt die so oft missverstandene freie Konkurrenz durch den Ausgleich der
Preise den Ausgleich der Einkommen nach der Arbeitsleistung. Und eben diese
freie Konkurrenz bewirkt auch, dass kein dauerndes arbeitsloses Einkommen, kein
Zins entstehen kann. Der Weg in die ausbeutungslose Wirtschaft als
Voraussetzung für die klassenlose Gesellschaft kann nur in einer Befreiung der
Wirtschaft von allen Wettbewerbshemmungen, das heißt in einer möglichst
ungehinderten Konkurrenz liegen, niemals aber in einer planwirtschaftlichen
Knebelung der Wirtschaft.
Die Ausbeutung durch den Zins
a) Die Quelle des Zinses
Ausbeutung
entsteht, wenn die Konkurrenz nicht frei, sondern entweder eingeschränkt oder
gar ausgeschlossen ist. Jede derartige Unfreiheit wirtschaftlicher Art ist ein
Monopol. Dabei sind zwei Steigerungsstufen der Konkurrenz-Unfreiheit zu
unterscheiden, die als vollständige und unvollständige Monopole bezeichnet
werden.
Das vollständige Monopol ist der Ausschluss
der Konkurrenz. Falls die Konkurrenz ausgeschlossen ist, vermag der
Monopolinhaber besondere Monopolpreise und als deren Folge besondere
Monopolgewinne zu erzielen. An sich kommt das vollständige Monopol
verhältnismäßig selten vor. Denn wer ist schon – wenn man von den gesetzlich
begründeten Fiskal- und sonstigen rechtlichen Monopolen absieht – ohne
Konkurrenz?
Die klassischen
Ökonomen haben das Monopol stets nur in diesem Sinne verstanden, also stets den
Ausschluss der Konkurrenz gemeint, wenn sie vom Monopol gesprochen haben. Im
Übrigen aber haben sie die Konkurrenz für frei gehalten. Das war ein schwerwiegender
Trugschluss. In Wahrheit stellt das vollständige Monopol nur einen Grenzfall
dar, nämlich den Gegenpol der freien Wirtschaft. Zwischen diesen beiden Polen
aber, der freien Konkurrenz einerseits und dem Ausschluss der Konkurrenz
andererseits, dehnt sich das weite Gebiet der Konkurrenzbeschränkungen. Das
sind die zahlreichen Fälle, in denen die Konkurrenz weder frei noch
ausgeschlossen, sondern auf einen mehr oder weniger großen Kreis von Personen
beschränkt ist. Diese Konkurrenzbeschränkungen, die von der klassischen Lehre
unbeachtet blieben, sind die unvollständigen Monopole.
Das unvollständige Monopol führt zu einer
Beschränkung der Konkurrenz und nimmt in der Wirtschaft einen überaus breiten
Raum ein. Fast überall beherrscht es das Feld und macht eine freie Konkurrenz
unmöglich. Aus der Vielzahl der unvollständigen Monopole ragen besonders das
Bodenmonopol und das vom Geldstreikmonopol abgeleitete Kapitalmonopol hervor.
Beide Monopole bestehen seit Menschengedenken und gewinnen noch ständig an
Bedeutung. Das Bodenmonopol wird mit der steigenden Bevölkerungsdichte immer
drückender; das Kapitalmonopol entwickelt sich immer mehr zum ausschlaggebenden
Monopol, weil die moderne Technik, indem sie die primitiveren Produktionsmethoden,
die mit wenig Kapital auskamen, immer mehr aus der Konkurrenz verdrängt, den
Besitz von Kapital zur unumgänglichen Voraussetzung der Beteiligung an der
Konkurrenz gemacht hat. Wer nicht über genügend Kapital verfügt, ist von der
Konkurrenz ausgeschlossen.
Die Konkurrenzbeschränkungen
sind den vollständigen Monopolen völlig wesensgleich, was einerseits an ihren
wirtschaftlichen Auswirkungen und andererseits an ihrer Bewertung erkennbar
ist. Genauso wie das vollständige Monopol zu besonderen Monopolpreisen und
Monopolgewinnen führt, muss auch das unvollständige Monopol Preise und Gewinne
zur Folge haben, die von denen der freien Konkurrenz abweichen. In der
Bewertung kommt die Wesensgleichheit dadurch zum Ausdruck, dass überall dort,
wo ein Objekt einen Zins trägt, sein Preis durch die bekannte Kapitalisierung
berechnet wird. Beim Ankauf etwa von Boden oder einer Fabrikanlage, einer
Eisenbahn usw. wird soviel Geld als Gegenwert bezahlt, dass sein Zinsertrag der
gleiche ist wie der des Kaufobjektes. Es werden somit zwei Zinsquellen
gegeneinander ausgetauscht.
Die unvollständigen
Monopole, vor allem das Geldstreikmonopol und das daraus abgeleitete
Kapitalmonopol sowie das Bodenmonopol, haben die Berufsökonomen in der Regel
völlig übersehen. Im Allgemeinen hat man, weil etwa die Bodeneigentümer
untereinander und die Kapitaleigentümer untereinander in Konkurrenz stehen und
weil Vertragsfreiheit herrschte, die freie Konkurrenz irrtümlicherweise für verwirklicht
gehalten. Man hat ständig von einer „freien Wirtschaft“ gesprochen, obgleich es
eine solche noch nie gegeben hat. Hier liegt der tiefere Grund für das
Auseinanderklaffen von Wirtschaftslehre und wirtschaftlicher Praxis.
Neben der Einteilung
der Monopole nach dem Grad ihrer Vollständigkeit können sie ihrem Ursprung nach
in natürliche und künstliche Monopole eingeteilt werden:
Natürliche Monopole beruhen darauf, dass gewisse
Produktionsmittel oder örtliche Schlüsselstellungen von Natur aus nur in
begrenzter Menge vorhanden sind. Hierher gehört der Boden als unentbehrliches
Produktionsmittel für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, für den
Betrieb von Bergwerken, Wasserkraftwerken, Mineralquellen, den Wohnungsbau, die
Schifffahrt (z. B. Kanäle, Häfen) usw. Der Boden ist ein natürliches und
zugleich unvollständiges Monopol, denn die Konkurrenz ist bei ihm nicht
ausgeschlossen, sondern auf den Kreis der Bodenbesitzer beschränkt. Das
natürliche Bodenmonopol wird durch das heutige private Bodeneigentumsrecht noch
erheblich verschärft.
Künstliche Monopole gliedern sich in:
a) rechtliche
Monopole
Das sind durch
Gesetz geschaffene Monopole, wie Marken-, Muster-, Erfinder-, Autorenschutz;
Privilegien, wie das Notenemissionsprivileg; Konzessionen als Voraussetzung für
die Ausübung eines bestimmten Gewerbes; Fiskalmonopole usw.; diese rechtlichen
Monopole sind in der Regel – soweit sie eine Konkurrenz ausschließen, wie etwa
beim Notenemissionsprivileg – als vollständige, im übrigen jedoch, das heißt
insofern sie die Konkurrenz lediglich einschränken, wie etwa bei
Gewerbekonzessionen, als unvollständige Monopole anzusehen;
b) verabredete
Monopole
wie Kartelle,
Trusts, Arbeiterkoalitionen, usw.. In diesen Fällen handelt es sich um
unvollständige Monopole, weil sie die Konkurrenz nicht ausschließen, sondern
nur einschränken;
c) faktische
Monopole
Das sind solche,
die weder durch Gesetz noch durch Verabredung begründet sind, sondern de facto
bestehen. Das wichtigste Monopol dieser Art und – neben dem Boden und den
Bodenschätzen – das wichtigste Monopol überhaupt, ist das von den
Berufsökonomen als solches nicht erkannte Geldstreikmonopol, das zwangsläufig
ein allgemeines Kapitalmonopol nach sich zieht. Sowohl beim Geldstreik- als
auch beim Kapitalmonopol handelt es sich um unvollständige Monopole; denn die
Konkurrenz ist bei ihnen nicht ausgeschlossen, sondern auf den Kreis der
Geldkapital-, bzw. Sachkapitalbesitzer beschränkt. Beide Monopole gehören zu
den künstlichen Monopolen, weil sie der von Menschen geschaffenen, seit jeher fehlerhaften
Geldordnung ihr Dasein verdanken.
Faktische Monopole
bestehen auch dort, wo gewisse Unternehmungen von vornherein darauf angelegt
sind, die ganze in Betracht kommende Nachfrage zu decken (Straßenbahnen,
Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke, Post, Telefon usw.). Das Auftreten einer
Konkurrenzunternehmung ist in der Regel nicht möglich, weil ein Unternehmen
gleicher Art nicht ertragsfähig wäre. Wenn derartige Unternehmungen auf Grund
eines Privilegs errichtet werden, das dem Inhaber das ausschließliche
Betriebsrecht sichert, liegt kein faktisches, sondern ein rechtliches Monopol
vor.
b) Die Entstehung des Zinses
Eine der Wirkungen
der freien Konkurrenz besteht darin, dass der Preis mit den Arbeitskosten
zusammenfällt. Sobald der Preis vorübergehend die Arbeitskosten übersteigt,
ergibt sich ein Gewinn, der andere Arbeiter anlockt und so zu einer Ausdehnung
der Produktion führt, die den Gewinn wieder beseitigt. Die Begründung für diese
Erscheinung liegt darin, dass bei freier Konkurrenz von jeder Güterart soviel
Güter erzeugt werden können, als zum Arbeitskostenpreis begehrt werden. Und
dies ist wiederum möglich, weil die Konkurrenz frei, das heißt der Zutritt zu
jeder Art von Beschäftigung offen und die Produktionsmittel frei verfügbar
sind.
Grundsätzlich
anders liegen die Dinge, wenn die Konkurrenz nicht frei, sondern beschränkt
oder gar ausgeschlossen ist. Dann ist es möglich, dass das Angebot dauernd
kleiner ist als die Nachfrage, die zum Arbeitskostenpreis herrscht. Dann wird
infolge der Knappheit des Angebots der Preis über die Arbeitskosten
emporgehoben. Es entsteht eine Spannung zwischen Preis und Arbeitskosten und
damit ein Gewinn, der nicht Arbeitseinkommen oder Lohn, sondern arbeitsloses
Einkommen oder Zins darstellt. Der Preis kann dauernd über den Arbeitskosten
gehalten und der Zins dauernd bezogen werden, weil die Konkurrenz nicht imstande
ist, das Angebot so zu vergrößern, dass es mit der beim Arbeitskostenpreis herrschenden
Nachfrage übereinstimmt, mit anderen Worten, die Konkurrenz vermag nicht, den
Preis auf die Ebene der Arbeitskosten herabzudrücken.
Das ist das Prinzip
der Entstehung des Zinses, des arbeitslosen Einkommens. Jeder Zins ohne
Ausnahme beruht auf einem Monopol, das heißt auf einer Beschränkung oder gar
auf einem Ausschluss der Konkurrenz. Das Monopol hindert das Angebot, sich weit
genug auszudehnen, um die beim Arbeitskostenpreis herrschende Nachfrage zu
decken. Die Menge der angebotenen Ware ist geringer als die Menge der Ware, die
beim Arbeitskostenpreis begehrt wird, und die Folge davon ist, dass der Preis
dauernd über den Arbeitskosten gehalten werden kann. Aus der Spannung zwischen
den Arbeitskosten und dem Preis ergibt sich ein Gewinn. Dieser Gewinn ist der
Zins.
Das Prinzip der
Zinsentstehung gilt für alle Arten des arbeitslosen Kapitaleinkommens, das
dauernd bezogen wird, egal ob es sich um den Geldzins
(Liquiditätsverzichtsprämie), den Sachkapitalzins (Rendite) oder den Bodenzins
(Grundrente) handelt. Alle Arten von Zins sind daher völlig wesensgleich. Das
Monopol bewirkt einen Zins, indem es dauernd einen Zustand des Mangels und der
Knappheit aufrechterhält, sei es von Natur aus in Form des Bodenmonopols, sei
es durch eines der künstlichen Monopole. Die Zinswirtschaft (der Kapitalismus)
ist ihrem Wesen nach Monopolismus, das heißt dauernde Mangelwirtschaft.
In einer unfreien
Wirtschaft, wie der heutigen, bestehen die Preise außer aus Lohnquoten auch aus
Zinsquoten aller Art. Jede Behinderung der Konkurrenz wirkt monopolistisch,
kürzt den Lohnanteil und erhöht den Zinsanteil. Den arbeitenden Menschen, denen
nach aller Wissenschaft der Kuchen des Sozialproduktes allein gebührt, kann der
Zinsbezieher, gestützt auf die Monopole, einen Teil ihres Arbeitsertrages
vorenthalten.
Es ergibt sich die
nur auf den ersten Blick erstaunliche Tatsache, dass die Ausbeutung im Laufe
der Jahrtausende ihrem Wesen nach gänzlich gleich geblieben ist. Es ist
grundsätzlich dasselbe, ob in der Vergangenheit der Sklave als Arbeitsmotor
infolge seiner persönlichen und daher wirtschaftlichen Unfreiheit unmittelbar
für seinen Herrn fronen musste; oder ob im heutigen Privatkapitalismus der
Arbeitende vorwiegend infolge des Geld- und Bodenmonopols – also infolge einer
unfreien Wirtschaft – nur einen um den Zins verkürzten Arbeitsertrag erhält
oder ob schließlich in dem von den Marxisten gepredigten Staatskapitalismus,
der sich fälschlich als Sozialismus ausgibt, infolge der Monopolisierung nahezu
der gesamten Wirtschaft durch den Staat der Grundsatz der wirtschaftlichen Unfreiheit
zur höchsten Potenz erhoben, die Ausbeutung also auf die Spitze getrieben wird,
wobei der Zwangsarbeiter zusehen muss, was – nach Befriedigung der Ansprüche
der herrschenden Bürokratie und des riesenhaft aufgeblähten Staatsapparates,
die begreiflicherweise den Vorrang genießen – zuletzt für ihn übrig bleibt. In allen
drei Fällen ist das Ausbeutungsprinzip dasselbe geblieben, bedingt das Monopol
die Einschränkung oder gar den Ausschluss der Konkurrenz und damit zugleich die
Ausbeutung.
Nur in der Technik
der Ausbeutung besteht ein Unterschied. Während der Sklave bzw. Zwangsarbeiter
in der Natural-, bzw. Kollektivwirtschaft unmittelbar lohnverkürzt werden, indem
ihnen von vornherein nur ein Bruchteil ihres Arbeitsertrages zufällt, der
Eigentümer, bzw. Arbeitgeber also zugleich auch der Ausbeuter ist, vollzieht
sich die Erhebung des Zinses in der kapitalistischen Marktwirtschaft auf andere
Weise.
c) Die Erhebung des Zinses
In einer
Zinsgeld-Ökonomie (kapitalistische Marktwirtschaft) wird der Zins unabhängig
vom Arbeitgeber erhoben. Nicht der Unternehmer schlechthin ist der Ausbeuter,
der aus dem Arbeiter den „Mehrwert“ herauspresst, indem er ihn eine Anzahl von
Stunden täglich unentgolten arbeiten lässt, wie Marx glaubte. In Wirklichkeit
erfolgt die Erhebung des Zinses nicht in der Beziehung zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer, sondern in der Beziehung zwischen Monopolinhaber und Käufer. Das Monopol
bewirkt durch die Einschränkung der Konkurrenz eine dauernde Verknappung des Angebotes.
Infolge dieser Verknappung steigt der Preis der Waren über die Ebene der Arbeitskosten
empor. Zwischen den Arbeitskosten und dem Preis ergibt sich ein Gewinn. Dieser Gewinn
ist der Zins, den der Monopolinhaber im Preis seiner Waren zu erheben vermag. Das
sind leicht überblickbare Zusammenhänge. Höchst seltsam ist daran nur die
Tatsache, dass die Ware gesetzmäßig stets Marktverhältnisse vorfindet, welche
die Erhebung eines Zinses im Warenpreis gestatten. Warum das so ist, wird in
dem Abschnitt über das aus Monopolen stammende arbeitslose Kapitaleinkommen
erklärt.
Der freie Wettbewerb
Jede Beschränkung
des Wettbewerbs auf dem Waren- und Kapitalmarkt stellt ein mehr oder minder
ausgeprägtes Monopol dar, das zu einem arbeitslosen Einkommen, einem Zins
führt. Nun erhebt sich die Frage: Gilt das auch für den Arbeitsmarkt? Führt
auch hier jede Beschränkung des Wettbewerbs zu einem arbeitslosen Einkommen?
Diese Frage ist
grundsätzlich zu bejahen. Das Prinzip der Entstehung des Zinses gilt
ausnahmslos und daher auch für die Verhältnisse des Arbeitsmarktes. So stellt
etwa das Erfordernis einer Gewerbekonzession für die Ausübung eines bestimmten
Berufes – da in diesem Fall der Wettbewerb nicht ausgeschlossen, sondern auf
den Kreis der Konzessionsinhaber beschränkt ist – ein unvollständiges Monopol
dar, das als künstliches Monopol rechtlicher Art einzureihen ist.
Anders verhält es
sich aber, wenn die Beschränkungen des Wettbewerbs darin bestehen, dass Begabung,
Vorbildung, Kenntnisse, Fähigkeiten der Menschen sehr verschieden sind. Unzweifelhaft
steht dem höheren Lohn eines Facharbeiters oder Ingenieurs auch eine höhere
Arbeitsleistung gegenüber. Nicht etwa in dem Sinne, dass ihre Arbeit eine
größere Anstrengung als die eines ungelernten Arbeiters erfordert. Entscheidend
ist, dass die Nachfrage nach dieser Arbeitsleistung am Arbeitsmarkt größer ist,
was zu einer höheren Bezahlung führt. Die Bezahlung für eine Arbeitsleistung
ist aber kein Zins, sondern Lohn.
Beispielsweise
konnte ein Caruso phantastische Gagen beziehen, weil er nach der allgemeinen
Ansicht des Publikums als Tenor unerreicht, sozusagen konkurrenzlos war. Er
verdankte seine einzigartige Stellung als Sänger seinem von Natur aus ebenso
einzigartigen Stimmapparat, der ihn befähigte, besondere Gesangsleistungen zu
vollbringen. Er bezog daher ein – wenn auch sehr hohes – Arbeitseinkommen. Denn
keinem anderen Sänger war es je verwehrt, ebenso schön wie Caruso zu singen. Es
gelang lediglich keinem, wenigstens nach Ansicht des Publikums. Die Folge war,
dass Caruso als der beste Sänger seiner Zeit galt und als solcher auch bezahlt
wurde.
Ein anderes
Beispiel ist ein Erfinder, den der Einfall eines Augenblicks zum reichen Mann
machen kann. Auch hier handelt es sich um eine Arbeitsleistung, daher um ein –
wenn auch hohes – Arbeitseinkommen. Insoweit allerdings das Einkommen des
Erfinders aus einem Patent fließt, handelt es sich um ein rechtliches Monopol
und daher formal um einen Zins. Jedoch bezieht er kein leistungsloses Einkommen
auf Kosten der Mehrarbeit anderer (unverdienter Knappheitsgewinn), sondern ein
Einkommen aufgrund einer eigenen innovativen Leistung (verdienter Knappheitsgewinn).
Einem Caruso konnte niemand seine Stimme stehlen, aber einem Erfinder kann
jeder seine Erfindung stehlen, wenn sie nicht durch ein Patent geschützt wird.
Insofern sind rechtliche Monopole, z. B. in Form von Patenten, nicht nur von
Vorteil für den Erfinder, sondern auch für die Allgemeinheit. Denn es kann von
keinem Menschen erwartet werden, dass er außergewöhnliche kreative Leistungen
vollbringt, die letztlich der Allgemeinheit zugute kommen, wenn es keine
Möglichkeit gibt, die Erfindungen vor Diebstahl zu schützen. Der verdiente
Knappheitsgewinn aufgrund eines Patentes lässt sich auch so verstehen, dass
dieser im Unterschied zu unverdientem Knappheitsgewinn aufgrund von
Kapitalbesitz den Wettbewerb nicht einschränkt, weil ja das Patent einen neuen
Stand der Technik darstellt, der somit einen ganz neuen Wettbewerb in Gang
setzt, den es vorher noch nicht gegeben hat.
Für den Wettbewerb
auf dem Arbeitsmarkt ist es sinnvoll, zwischen „äußeren“ und „inneren“
Konkurrenzbeschränkungen zu unterscheiden.
Wenn jemand eine
bestimmte Tätigkeit ausüben will, gibt es zwei Arten von Hindernissen, die sich
seiner Absicht entgegenstellen können: Gründe der Außenwelt, zum anderen aber
Gründe, die in seiner Person selbst liegen. Handelt es sich um ein Gewerbe, das
eine Konzession erfordert, die der Betreffende nicht erlangen kann; oder die Tätigkeit
erfordert eine Kapitalausrüstung, die er nicht besitzt; oder die Betätigung
verstößt gegen ein Patent; in allen diesen Fällen handelt es sich um
Wettbewerbsbeschränkungen teils rechtlicher (Konzession, Patent), teils
faktischer Art (mangelnde Kapitalausrüstung). In allen diesen Fällen ist die
Konkurrenz – und zwar aus Gründen der Außenwelt – nicht frei, sondern beschränkt,
es liegen Monopole vor.
Eine völlig andere
Stellung nehmen die in der Person des Wettbewerbers liegenden „inneren“ Konkurrenzbeschränkungen
ein. Erfordert die Tätigkeit eine bestimmte Begabung, etwa Musikalität für den
Beruf des Klavierlehrers, eine gute Stimme für den des Sängers, die sichere
Hand beim Chirurgen, körperliche Kraft beim Lastträger, Schwindelfreiheit beim
Seiltänzer, oder sie erfordert eine Vorbildung oder Kenntnisse, die der Bewerber
nicht oder nicht in ausreichendem Maß besitzt, ist auch in diesem Fall die Konkurrenz
ohne Zweifel beschränkt. Aber diese „inneren“ Konkurrenzbeschränkungen haben
kein arbeitsloses Einkommen, keinen Zins, sondern lediglich ein relativ höheres
Arbeitseinkommen infolge der auf dem Arbeitsmarkt höher bewerteten
Arbeitsleistung zur Folge. Ein solches höheres Arbeitseinkommen für eine
Tätigkeit, die eine besondere Begabung oder ein besonderes Können voraussetzt,
wird bezeichnenderweise ganz allgemein auch nicht als ungerecht empfunden. Es
wäre daher verfehlt, hier von einem „Arbeitsmonopol“ oder einer „Arbeitsrendite“
zu sprechen.
Die verschiedene
Abstufung der Entlohnung für unterschiedliche Arbeitsleistungen ist durchaus
erwünscht. Sie bewirkt, dass die verhältnismäßig gut bezahlten Beschäftigungen aufgesucht
und die schlecht bezahlten gemieden werden. Auf diese Weise stellt die
Konkurrenz der Arbeitenden einen Ausgleich der Lohnhöhe her. Das gilt nicht nur
für die Entlohnung der unselbständigen Erwerbsarten, sondern auch zwischen
diesen und dem Unternehmerlohn. Auch die Arbeit des Unternehmers kann im
Verhältnis zur ausführenden Arbeit gut oder schlecht bezahlt sein. Je nachdem
dies der Fall ist, wird bei freiem Wettbewerb die Zahl derer, die sich dem
Unternehmerberuf widmen, steigen oder sinken. Auf diese Weise wird auch zwischen
dem Unternehmerlohn und dem Lohn der ausführenden Arbeit ein richtiges
Verhältnis hergestellt.
Zusammenfassend
kann gesagt werden, dass die „inneren“ Konkurrenzbeschränkungen lediglich die Lohnhöhe
staffeln, was nur recht und billig ist, während die „äußeren“ Konkurrenzbeschränkungen
Monopole darstellen, die einen Zins bewirken. Dabei muss nicht jeder Zins ein
unverdienter Knappheitsgewinn und damit für die Allgemeinheit schädlich, sondern
kann auch – wie im Falle des Patents – ein verdienter Knappheitsgewinn und
damit sowohl für den zeitweiligen Monopolinhaber als auch für die Allgemeinheit
nützlich sein.
Der Begriff des
freien Wettbewerbs lässt sich wie folgt umschreiben: Der Wettbewerb auf einem
Gebiet menschlicher Betätigung ist frei, wenn die Beteiligung an der
betreffenden Tätigkeit jedermann zugänglich ist und ist beschränkt, wenn ein
Teil derer, die sich beteiligen wollen, aus Gründen der Außenwelt von der
Beteiligung ausgeschlossen ist.
Irrtümer um die freie Wirtschaft
Das bisher Gesagte
erhellt, dass wir seit jeher nicht in einer freien Wirtschaft, sondern ganz im
Gegenteil in einer Wirtschaft der weitestgehenden Unfreiheit leben. Überall
beherrschen das Bodenmonopol und das Geldstreikmonopol, das ein Kapitalmonopol
nach sich zieht, das Bild der Wirtschaft. Diese unvollständigen Monopole wurden
von den Berufsökonomen entweder gar nicht oder nur teilweise erkannt. Man hatte
angenommen, weil die Bodenbesitzer untereinander und die Kapitalbesitzer
untereinander in Konkurrenz stehen, sei mit der Verwirklichung der
Gewerbefreiheit und der Vertragsfreiheit auch die freie Wirtschaft
verwirklicht. Das war ein schwerwiegender Irrtum. In Wahrheit besagt der
Wettbewerb zwischen den Bodenbesitzern untereinander und den Kapitalbesitzern untereinander
lediglich, dass der Wettbewerb auf einen gewissen Personenkreis beschränkt ist.
Denn alle Nichtboden- und Nichtkapitalbesitzer sind vom Wettbewerb
ausgeschlossen. Wenn jemand sich an einer Tätigkeit, die den Besitz von Boden
und Kapital voraussetzt, beteiligen will, ohne diese Voraussetzungen erfüllen
zu können, so ist er offenbar aus Gründen der Außenwelt vom Wettbewerb
ausgeschlossen, der Wettbewerb also nicht frei.
Daher nehmen auch
der Grundbesitzer, der Kapitalbesitzer und der einfache Arbeiter, der weder
Boden noch Kapital besitzt, im wirtschaftlichen Wettkampf nicht die gleichen Stellungen
ein. Wohl kann der Kapitalbesitzer gegen Verkauf seines Besitzes Boden erwerben
und den Beruf eines Landwirtes ausüben, ebenso wie umgekehrt der Bodenbesitzer
gegen Verkauf seines Bodens das erforderliche Kapital zur Ausübung des Berufes
als Kaufmann, Gewerbetreibender oder Industrieller erwerben kann. Dagegen ist
der Arbeiter, der weder Boden noch Kapital besitzt, von diesen Berufen
ausgeschlossen.
Grundbesitzer,
Kapitalist und Arbeiter nehmen also sehr verschiedene Stellungen im Wettbewerb
ein. Die ersteren können wohl mit dem Arbeiter, dieser aber nicht mit ihnen konkurrieren.
Von einem freien Wettbewerb kann keine Rede sein. Es ist daher grundfalsch und
irreführend, von einem freien Wettbewerb in Gegenwart oder Vergangenheit zu
sprechen. Richtig ist vielmehr, dass es noch niemals und nirgends eine freie Wirtschaft
gegeben hat. Was man fälschlich als eine freie Wirtschaft bezeichnet und teils zurückwünscht,
teils für aufgetretene Missstände verantwortlich macht, entpuppt sich bei näherem
Zusehen als ausgesprochen unfreie, von zahlreichen Monopolen bedrängte
Wirtschaft.
Praktisch war und
ist die Konkurrenz nur auf dem Gebiet der Lohnarbeit und gewisser, ohne Kapital
oder auf frei zugänglichem Boden auszuübenden Tätigkeiten (Botengänge, Beerensammeln
usw.) wirklich frei. Dies hat zur Folge, dass die allgemeine Monopolisierung
sich letzten Endes auf dem Rücken des Lohnarbeiters auswirken muss, mit dem
Ergebnis, dass sein Reallohn beschämend niedrig ist, wesentlich niedriger als
dem technischen Fortschritt und der Rationalisierung entsprechen würde, zum
Teil sogar niedriger als vor Jahrzehnten, ja selbst Jahrhunderten.
Erschwerend macht
sich geltend, dass sowohl das Bodenmonopol als auch das Kapitalmonopol die
Neigung besitzen, immer drückender zu werden. Beim Bodenmonopol wirkt die
dichter werdende Bevölkerung in diesem Sinne, beim Kapitalmonopol die moderne Technik.
Die letztere mit ihrer neuzeitlichen Erzeugungsweise der Massenfabrikation vorwiegend
durch Maschinen und Großanlagen hat das Erfordernis des Kapitalbesitzes als Voraussetzung
für die Beteiligung am Wettbewerb zu ausschlaggebender Bedeutung erhoben. Damit
ist der Handarbeiter von der Konkurrenz so gut wie völlig ausgeschlossen. Denn sobald
der Preis der maschinell erzeugten Waren unter die Kosten der Handarbeit sinkt,
kann der Handarbeiter nicht mehr konkurrieren. Die Handarbeit ist von der
kapitalistischen Produktion verdrängt worden.
Als Folge der
völligen Verkennung des Charakters unserer Wirtschaft müssen sich Widersprüche
zwischen Wirtschaftstheorie und -praxis ergeben. Wenn man die Lehrsätze der Ökonomen,
die für eine Wirtschaft der freien Konkurrenz gelten, auf eine Praxis überträgt,
die alles andere als eine Wirtschaft der freien Konkurrenz ist, so können sie
unmöglich mit der Erfahrung übereinstimmen. Die Berufsökonomen haben irriger
Weise eine freie Wirtschaft angenommen, d. h. den freien Wettbewerb für
verwirklicht gehalten und diesen Irrtum ganz allgemein zu verbreiten gewusst. Heute
wissen wir, dass sich die Wirtschaftswissenschaft tatsächlich geirrt hat. Nicht
etwa, dass ihre Schlussfolgerungen nicht gestimmt hätten. Nein, es ist vollkommen
richtig, dass eine freie Wirtschaft zu einer dauernden Harmonie von Angebot und
Nachfrage, zur Vollbeschäftigung, allmählichen Zinssenkung, ansteigenden
Reallöhnen und Wirtschaftsblüte führen muss. Nur die Voraussetzungen bestehen
nicht. Was man für eine Wirtschaft der freien Konkurrenz gehalten hat, ist eben
keine freie, sondern eine Monopolwirtschaft. Eine solche kann
begreiflicherweise die günstigen Auswirkungen, die man von einer freien
Wirtschaft mit Recht erwarten darf, nicht erfüllen!
Die schwerstwiegenden
Folgen ergaben sich, als die Politik sich des Widerspruchs bemächtigte. Man
machte für die üblen Folgen der Monopolwirtschaft, für die wiederkehrenden
Wirtschaftsstörungen, Krisen, Dauerarbeitslosigkeit, chronische
Unterbeschäftigung, für die sozialen Missstände, die Verarmung der breiten
Massen, die Proletarisierung des ehemaligen Mittelstandes usw. die – nicht
existierende – freie Wirtschaft verantwortlich. Man warf und wirft der Wirtschaftswissenschaft
vor, die von ihr gepriesene und nach ihrer ausdrücklichen Erklärung verwirklichte
„freie Wirtschaft“ tauge nichts, habe nicht gehalten, was man sich von ihr versprochen
habe und führe, anstatt zur vorausgesagten Wirtschaftsblüte und Harmonie, zu unerträglichen
wirtschaftlichen und sozialen Missständen. Das Heil liege in einer staatlichen Planwirtschaft,
in einer rigorosen Einschränkung, wenn nicht gar Abschaffung der privaten Unternehmertätigkeit,
in einer Abkehr von der „freien“ Wirtschaft. Andere politische Richtungen
wieder verweisen auf die zahlreichen Übelstände der staatlichen Planwirtschaft
und fordern die „Rückkehr zur freien Wirtschaft“ – die es noch nie gegeben hat
-, kurzum: die Begriffsverwirrung ist allgemein.
Die aufgetretenen
Missstände dieser so genannten freien Wirtschaft in die Schuhe zu schieben, ist
ebenso verkehrt, wie zu ihr zurückkehren zu wollen. Beides ist ein Irrtum. Da
es noch niemals eine freie Wirtschaft gegeben hat, ist es ebenso unsinnig, sie zurückzuwünschen,
wie es unsinnig ist, sie für soziale und wirtschaftliche Missstände
verantwortlich zu machen oder ihr die Nichterreichung des Wirtschaftsideals
vorzuwerfen. Was heute als freie Wirtschaft bezeichnet zu werden pflegt, ist
bestenfalls eine halbfreie Wirtschaft, eine Mischung von Markt- und
Monopolwirtschaft, ein Bruchstück der freien Wirtschaft, mit einem Wort:
Zinswirtschaft. Nicht weil die Wirtschaft (angeblich) frei war, hat sie versagt
– wie die Anhänger der so genannten Planwirtschaft glauben -, sondern im
Gegenteil: weil sie unfrei war und daher ein Instrument der Ausbeutung, musste
sie versagen! Nur deshalb zeigten sich die bekannten wirtschaftlichen und
sozialen Missstände.
Von der Sklaverei zur Zinswirtschaft
War es früher
erforderlich, Sklaven, das heißt persönlich unfreie Menschen, zu halten, um sie
auszubeuten, so bringt die Zinswirtschaft das Kunststück fertig, den Menschen
sämtliche persönlichen und politischen Freiheiten zu gewähren und sie trotzdem
auszubeuten. Obgleich Zinsnehmer und Zinszahler (angeblich) rechtlich einander gleichgestellt
und ebenbürtig sind, vermag der eine sich die Früchte der Arbeit des anderen anzueignen.
Diese legalisierte Ausbeutung beruht, wie gesagt, auf dem Vorhandensein von
Monopolen. An die Stelle des Sklavenhalters ist im modernen Rechtsstaat der
Zinsbezieher, an die Stelle des Sklaven der Zinszahler getreten. Die Ausbeutung
erfolgt nicht mehr unmittelbar durch die Aneignung der Arbeit des Sklaven,
sondern mittelbar durch das Monopol. Es ist begreiflich, dass die Sklaverei für
die Ausbeuter uninteressant wurde, seitdem man die wirtschaftliche Unfreiheit
der Auszubeutenden – diese einzige Voraussetzung einer jeden Ausbeutung –
anstatt durch persönliche Freiheitsberaubung durch die Monopole zu erzielen
vermochte.
Das aus Monopolen stammende arbeitslose Einkommen
Der Geldzins
Warum wird für Geld
Zins gezahlt? Diese Frage beantwortet die klassische Lehre seit Ricardo
dahingehend, für Geld werde Zins bezahlt, weil Sachkapital einen Zins abwerfe
und man Sachkapital mit Geld kaufen könne. Die klassische Lehre hält also den
Sachkapitalzins für primär und den Geldzins für sekundär. Das ist falsch, wie
sofort gezeigt werden soll.
Silvio Gesell hat
als erster erkannt, dass der Geldzins das Ergebnis eines eigenen Kapitals –
eben des Geldes – darstellt. Das herkömmliche Geld besitzt eine Doppelnatur: es
ist Tauschmittel und Schatzmittel (Wertaufbewahrungsmittel) in einem. Das kommt
daher, dass das Geld gegenüber Waren und Dienstleistungen eine eigenartige
Überlegenheit besitzt. Der Inhaber von Geld, das nicht für den persönlichen
Verbrauch, sondern für die Anlage (Investition) vorgesehen ist, kann es, weil
es weder verdirbt noch wesentliche Aufbewahrungs- und sonstige Durchhaltekosten
verursacht, nach Belieben zurückhalten ohne einen Verlust zu erleiden, im
Gegensatz zum Warenbesitzer und Lohnarbeiter, die von der Natur ihrer Waren
gezwungen werden, sie anzubieten. Waren und Leistungen stehen somit unter einem
„Angebotszwang“, - das Geld jedoch nicht. Es ist daher – Inflationszeiten
ausgenommen – gegenüber Waren und Leistungen im Vorteil.
Die Überlegenheit
des Geldes gegenüber anderen Vermögensbestandteilen besitzt noch eine andere
Seite, auf die John Maynard Keynes ausführlich hingewiesen hat: dem Geld haftet
eine besonders hohe „Liquiditätsprämie“ an. Ein jederzeit greifbarer Geldvorrat
bietet seinem Besitzer ganz augenscheinlich eine Reihe von Annehmlichkeiten.
Der Vorteil, den der Geldvorrat (in bar oder als kurzfristig verfügbarer
Geldanspruch auf einem Girokonto) unter Umständen – etwa bei stabiler oder gar sinkender
Preisebene – gegenüber einem Warenvorrat bieten kann, hat eine „Vorliebe für Liquidität“,
einen Hang zur Hortung zur Folge: das Tauschmittel Geld verwandelt sich im
Handumdrehen in das Schatzmittel Geld.
Wenn der
Geldbesitzer ein Geld mit Wertaufbewahrungsfunktion, d. h. ein verschatzbares
Geld, verleihen soll, dann muss ihm für die zeitweilige Aufgabe der Liquidität
ein besonderer Preis – eben der Zins – bezahlt werden. Der Geldzins ist also,
wie es Keynes ganz treffend sagt, keine Belohnung für Sparsamkeit, sondern der
Preis für das Nichteinsperren des Geldes, eine Belohnung für
Liquiditätsverzicht. Silvio Gesell hat den gleichen Gedanken dreißig Jahre
vorher in die Worte gekleidet: „Wir
bezahlen im Urzins (Geldzins) also weiter nichts als die Tätigkeit der
Kapitalisten, die darin besteht, dem Handel Steine in den Weg gewälzt zu
haben.“ Der Geldbesitzer vermag, gestützt auf die Überlegenheit des
herkömmlichen Geldes gegenüber anderen Gütern, das Geld ungestraft zu horten
und die Annehmlichkeit der Liquidität zu genießen. Da das Geld für die
Verkehrswirtschaft unentbehrlich ist, kann der Geldbesitzer für seinen
zeitweiligen Verzicht auf die Liquidität einen Preis in Gestalt des Zinses erzielen.
Diese Erklärung des Geldzinses hat zwei weitere, geradezu umstürzende Erkenntnisse
zur Folge.
Die erste
Erkenntnis ist, dass ein Geld mit Wertaufbewahrungsfunktion begreiflicherweise
nur dann investiert, das heißt in Sachkapitalien angelegt wird, wenn diese
Sachkapitalien zumindest eine Verzinsung in der Höhe des Geldzinses versprechen.
Steht ein entsprechender Sachkapitalzins nicht in Aussicht, dann unterbleibt
die Investition, das Geld wird nicht in Sachkapital umgewandelt, es streikt!
Das heißt: Der Geldzins ist primär und der Sachkapitalzins sekundär. Es verhält
sich also genau umgekehrt wie von der klassischen Theorie seit Ricardo
angenommen wird.
Die zweite
Erkenntnis besagt, dass es nur das Vorhandensein eines Geldzinses ist, welches bewirkt,
dass der Vermehrung der Sachgüter eine Schranke gesetzt wird. Der Geldzins übt
also eine Funktion aus, ähnlich dem Wegesperrgeld, das seinerzeit die
Raubritter erhoben haben. Nur was zinst, darf passieren. Da in der
arbeitsteiligen Wirtschaft nicht das kleinste Unternehmen ohne Geld gegründet
werden kann, muss überall in erster Linie der Zins gesichert sein, bevor
investiert wird. Nur wenn der Zinsanspruch befriedigt zu werden verspricht,
dürfen sich die Räder der Wirtschaft drehen. Keynes gibt den gleichen Gedanken
mit den folgenden Worten wieder: „Es
scheint also, dass der Zinsfuß auf Geld eine eigenartige Rolle in der
Begrenzung des Niveaus der Beschäftigung spielt, da er einen Standard
festsetzt, den die Grenzleistungsfähigkeit eines Kapitalwertes (das ist der
Sachkapitalzins) erreichen muss, wenn er neu erzeugt werden soll. Dass dies so
sein sollte, ist auf den ersten Blick äußerst verblüffend.“ Das Rätsel des
Kapitalzinses, dessentwegen im Laufe der Jahrzehnte soviel Druckerschwärze verbraucht
worden war, die Beantwortung der fundamentalen und bisher unbeantwortet gebliebenen
Frage „woher und warum der Kapitalist den Zins erhält“ war endlich gelungen. Gesell
hatte entdeckt, dass der Zins eine rein geldliche Angelegenheit ist, begründet
im Schatzmittelcharakter des Geldes.
Es sind weit
reichende Ausblicke, die sich eröffnen, Fragen von Weltbedeutung, die durch die
neue Lehre vom Zins beantwortet werden. Da ist zunächst das Geheimnis des
Konjunkturzyklus, der wiederkehrenden Wirtschaftsaufschwünge und ruinösen
-abstürze, das gelüftet wird. Da ist ferner die nahe liegende Überlegung, dass,
wenn die Hortbarkeit des Geldes die Ursache des Geldzinses, dieser wieder die
Ursache des Sachkapitalzinses ist, durch eine geeignete Geldreform, welche die
Hortbarkeit des Geldes beseitigt, das ganze auf Zinsbezug aufgebaute
kapitalistische System aus den Angeln gehoben werden kann, was ungeahnte
Möglichkeiten erschließt. Nicht zuletzt widerlegt die neue Lehre vom Zins die
Marx'sche Auffassung, Ware und Geld seien Äquivalente. Die Marx'sche Auffassung
ist nur bedingt richtig hinsichtlich des Verbrauchsgeldes der großen Masse, die
nur eben soviel verdient, wie sie zur Fristung des nackten Lebens ausgeben
muss. Hier ist das Geld allerdings der Gegenwert der Ware, steht wie diese unter
„Umlaufzwang“. Anders beim Kapitalgeld desjenigen, der mehr einnimmt, als er
für persönliche Bedürfnisse auszugeben bereit ist. Hier ist das Geld nicht mehr
Gegenwert der Ware, sondern besitzt infolge seiner Vorzüge als Schatzmittel
eine Überlegenheit, welcher der Geldzins und auch der Sachkapitalzins ihr
Dasein verdanken. Der Marxismus geht also von irrigen Voraussetzungen aus.
Wie jeder Zins,
beruht auch der Geldzins auf einem Monopol, d. h. auf einer Beschränkung der
Konkurrenz. Diese Beschränkung kommt dadurch zustande, dass das herkömmliche
Geld infolge seiner Wertaufbewahrungsfunktion, aber auch wegen der
Annehmlichkeiten der Liquidität, die es dem Geldbesitzer bietet, gegenüber den
verderblichen, sperrigen und Durchhaltekosten aller Art bedingenden Waren eine
Überlegenheit besitzt (Inflationszeiten ausgenommen). Der Kapitalbesitzer wird
ein solches Geld nur dann verleihen, wenn ihm dafür neben der
selbstverständlichen Sicherheit noch ein entsprechender Preis – eben der Geldzins
– geboten wird. Andernfalls „streikt“ das Geld. Ohne Zins - kein Geld! Die Überlegenheit
des Geldes gegenüber anderen Vermögenswerten bewirkt, dass die Konkurrenz, die
sich die Geldkapitalbesitzer untereinander auf dem Leihgeldmarkt bereiten, dauernd
beschränkt bleibt. Infolge dieser Konkurrenzbeschränkung, des
Geldstreikmonopols, wird das Angebot an Leihgeld daran gehindert, sich weit
genug auszudehnen, um den reinen Geldzins unter die etwa bei drei Prozent
liegende „kritische Grenze“ absinken zu lassen. Die Streikfähigkeit des Geldes
hält das Angebot an Geldkapital dauernd knapp und verewigt so den Zins. Die
Unentbehrlichkeit für die arbeitsteilige Wirtschaft einerseits und die
monopolbedingte Knappheit des Leihgeldes andererseits bewirken gemeinsam den
Geldzins.
Der Geldzins ist
übrigens, wie Gesell eingehend nachweist, eine im Laufe der Jahrtausende fast
unveränderliche Größe geblieben. Gesell spricht daher von einer „ehernen Größe“
des Urzinses. Die in der Wirtschaftsgeschichte verzeichneten Schwankungen des
Zinsfußes betreffen nach Gesell nicht den reinen Zins, sondern ausnahmslos die
übrigen Bestandteile des Bruttozinses: die Risikoprämie und die Hausseprämie.
Diese Ansicht hat viel für sich. Da dem Druck auf den Zins einerseits wegen der
dem liquiden Geld anhaftenden Überlegenheit gegenüber anderen Vermögensarten
eine Grenze gezogen ist, die nicht unterschritten werden kann, weil das Geld
sonst streikt, andererseits Urwirtschaft und Tauschwirtschaft als Konkurrenten
des Geldes imstande sind, überspitzten Zinsforderungen entgegenzutreten, ist
die gleich bleibende Größe des reinen Zinses im Laufe der Geschichte erklärlich.
Der Sachkapitalzins
Durch seine
Erkenntnis vom Wesen des Geldzinses hat Gesell auch die Natur des Sachkapitalzinses
(Rendite) eindeutig bloßgelegt. Solange die Ebene der erwarteten Rendite über
derjenigen des Geldzinses liegt, werden kapitalkräftige Unternehmer angelockt,
wird investiert, das heißt Geldkapital in Sachkapital umgewandelt. Jedes
derartige der Wirtschaft zusätzlich zur Verfügung gestellte Sachkapital hat
aber die Tendenz, die Rendite zu vermindern. Jedes weitere Sachkapital drückt
die Rendite herab, weil es den Druck der Konkurrenz verstärkt und dadurch die
Spannung zwischen Arbeitskosten und Preis, die vom Sachkapitalzins gebildet
wird, verringert. Diese Entwicklung führt aber nur bis zu dem Punkt, wo die
Ebene der erwarteten Rendite auf die vom Geldzins gebildete „eherne Grenze“
abgesunken ist. Sobald die Rendite infolge der Vermehrung der Sachgüter die
Neigung zeigt, unter die vom Geldzins gebildete Grenze zu sinken, unterbleiben
weitere Investitionen, weil der Anreiz für den Investor entfällt. Gestützt auf
seine Überlegenheit „streikt“ das Geld, unterbricht weitere Investitionen und
damit zugleich auch den Druck der Konkurrenz auf den Sachkapitalzins. Dass die Welt
nach verschiedenen Jahrtausenden des Arbeitens und Sparens so arm an Sachgütern
ist, muss als unmittelbare Folge des Vorhandenseins eines zinsbasierten Geldes
angesehen werden.
Nur die Knappheit
der Sachgüter bewirkt also, dass sie einen Zins abwerfen, „und sie werden knapp gehalten wegen des Wettbewerbs um den Zinsfuß auf
Geld“, wie Keynes ebenso kurz wie treffend sagt. Die zinsfordernde
Eigenschaft unseres Geldes überträgt sich somit automatisch auf die mit seiner
Hilfe geschaffenen Sachgüter, die künstlich knapp und daher zinstragend
gehalten werden. Das Geldstreikmonopol zieht das Kapitalmonopol zwangsläufig
nach sich.
Geld- und Sachkapitalzins
stehen zueinander in enger Wechselbeziehung. Einerseits erlaubt das Geld keine
Investitionen, die einen Ertrag abwerfen, der niedriger als der Geldzins ist –
sonst streikt das Geld. Ebenso wenig kann aber andererseits der Sachkapitalzins
dauernd höher als der Geldzins liegen, weil in diesem Fall sofort Investitionen
rentabel werden, die auf den Sachkapitalzins drücken und so den Ausgleich
schaffen. Der Sachkapitalzins ist also eng an den Geldzins gekettet. Das Geld
ist das primäre Kapital, der Geldzins der feste Punkt, um den der Sachkapitalzins
pendelt. - Beide Zinsarten sind eine Funktion des Geldes.
Das
Sachkapitalmonopol ist - ebenso wie das Geldstreikmonopol, von dem es
abgeleitet ist - ein unvollständiges, künstliches und faktisches Monopol, d. h.
die Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt ist nicht ausgeschlossen, sondern auf den
Kreis der Kapitalbesitzer beschränkt; das Monopol ist ferner nicht von Natur
aus vorhanden und weder gesetzlich begründet noch verabredet, sondern einfach
faktisch gegeben.
Es bleibt noch
nachzuweisen, dass das allgemeine Zinsprinzip auch für den Sachkapitalzins
Anwendung findet: Wie jeder Zins beruht auch der Zins der Sachgüter auf einem
Monopol, einer Beschränkung der Konkurrenz. Diese Beschränkung kommt zustande,
indem der Bildung von Sachgütern – den Investitionen - durch den Geldzins eine
unübersteigbare Grenze gezogen wird, wodurch sie dauernd knapp gehalten werden.
Ihre Knappheit im Verein mit ihrer Unentbehrlichkeit bedingen den Sachkapitalzins.
Sobald im Verlauf einer längeren Konjunkturperiode durch vermehrte Investitionen
die Sachgüter derart vermehrt worden sind, dass ihr Ertrag, der Sachkapitalzins,
durch den Druck der Konkurrenz unter die vom Geldzins gezogene eherne Grenze zu
sinken droht, streikt das Geld, werden die Investitionen unterbrochen. Es
werden zunächst keine weiteren Sachgüter mehr geschaffen. Der Zufluss neuer
Sachgüter hört auf, bevor aller Mangel daran befriedigt ist. Damit hört aber
auch der Druck der Konkurrenz auf den Sachkapitalzins auf. Der Prozess der
Senkung des Sachkapitalzinses wird abgestoppt, bevor der Preis das Niveau der
Arbeitskosten erreicht hat. Da noch Mangel an Sachgütern besteht, bleibt auch
die Spannung zwischen Preis und Arbeitskosten bestehen, die vom Sachkapitalzins
ausgefüllt wird.
Das Gesagte erhellt
zugleich, weshalb die Unternehmer den Preis ihrer Waren, bzw. den Mietpreis
ihrer Mietobjekte so hoch zu halten vermögen, dass sich eine Verzinsung des angelegten
Sachkapitals ergibt. Das Monopol, das die Sachkapitalbesitzer infolge der
strukturellen Knappheit der Sachkapitalien besitzen, gibt ihnen die Macht, als
Erzeuger und Händler den Preis ihrer Waren und als Vermieter den Mietzins für
ihre Mietobjekte über dem Niveau der Arbeitskosten zu halten, das heißt den Sachkapitalzins
im Preis ihrer Waren, bzw. in ihren Mietpreisen zu erheben. Daran ändert auch
die Konkurrenz nichts, die sie sich gegenseitig bereiten. Ein Druck auf den Zins
kann nur von einer Konkurrenz ausgeübt werden, die über Kapital verfügt. Nur
wer Kapital besitzt, kann das Gewerbe eines Erzeugers, Händlers oder Vermieters
ausüben. Die Beteiligung an der Konkurrenz setzt also den Kapitalbesitz voraus.
Der Nichtkapitalist ist von der Beteiligung an der Konkurrenz ausgeschlossen.
Der Kapitalbesitz ist zur Beteiligung an der Konkurrenz unentbehrlich. Dies hat
zu Folge, dass immer nur die Kapital-besitzenden Unternehmer untereinander
konkurrieren. Nach außen hin sind sie durch die Knappheit der Sachkapitalien vor
einer weiteren Konkurrenz geschützt. Die Konkurrenz, die sie sich untereinander
bereiten, ist aber nicht stark genug, den Preis auf das Niveau der
Arbeitskosten herabzudrücken.
Falls der
Unternehmer mit geliehenem Kapital arbeitet, ist er verpflichtet, den Geld-,
bzw. Sachkapitalzins an den Kapitaleigentümer abzuliefern. Durch die
Verpflichtung zur Ablieferung wird ihm keine Unbilligkeit zugefügt, denn ohne
den Besitz des Kapitals wäre er nicht in der Lage gewesen, den Zins zu erheben.
Der Sachkapitalzins wurzelt also in der Knappheit der Sachgüter in Verbindung
mit ihrer Unentbehrlichkeit. Weil die Sachgüter unentbehrlich sind, entsteht zunächst
der Zins, weil sie durch das Geldstreikmonopol dauernd knapp gehalten werden,
kann der Zins nicht beseitigt werden. Die Unentbehrlichkeit allein vermag
ebenso wenig wie die Knappheit allein den Zins zu begründen. Wären die
Sachgüter auch noch so unentbehrlich, sie würden nicht dauernd Zins tragen
können, wenn sie in unbegrenzter Menge vorhanden wären. Umgekehrt ist auch bei
der größten Knappheit der Sachgüter ein Zinserträgnis undenkbar, sofern die
Sachgüter entbehrlich sind.
Der Bodenzins
In ähnlichem Sinne
wie das Geld, das unverderblich und unter gewissen Verhältnissen nicht beliebig
vermehrbar ist, besitzt auch der Boden Monopolcharakter, nur mit dem
Unterschied, dass es sich beim Geldmonopol um ein künstliches, beim Boden aber
um ein natürliches Monopol handelt. Der Boden war lange Jahrhunderte hindurch
nahezu das einzige Mittel zur Anhäufung von Reichtum und hat als solches, wie
manche Forscher annehmen, eine derartig übermäßige Wertschätzung genossen, dass
diese sogar die Gütervermehrung behindert hat, ähnlich wie heute die übermäßige
Vorliebe für Geld das tut.
Der Bodenzins ist
nichts anderes als der für die Nutzung des Bodens erzielbare Preis. Seine Entstehung
lässt sich am besten am ländlichen Differentialbodenzins erkennen, der sich folgendermaßen
bildet: Es gibt bekanntlich Boden verschiedener Brauchbarkeit. Auf dem brauchbareren
Boden sind geringere, auf dem weniger brauchbaren Boden höhere Kosten zur
Hervorbringung der Bodenerzeugnisse erforderlich. Da sich auf dem Markt
einheitliche Preise bilden, wird auch das auf dem brauchbareren Boden mit
weniger Kosten hervorgebrachte Erzeugnis zum gleichen Preis abgesetzt. Der
Besitzer desselben spart einen Teil der Kosten, die auf dem am wenigsten
brauchbaren Boden aufgewendet werden müssen, es bleibt ihm also ein Gewinn
übrig, dem kein Kostenaufwand entspricht. Dieser Gewinn ist der ländliche Differentialbodenzins.
Der Bodenzins ist
Differentialzins, solange noch irgendwelcher Boden für den betreffenden Anbauzweck
zur Verfügung steht. Dies pflegt fast ausnahmslos der Fall zu sein. Ist
hingegen der für den betreffenden Anbauzweck verfügbare Boden vollständig
vergeben, dann ist die Konkurrenz absolut begrenzt. Auch auf dem am wenigsten
brauchbaren Boden ist eine Ausdehnung der Produktion nicht möglich, mit der
Folge, dass auch dieser Boden einen Zins trägt. In diesem Fall spricht man von
einem ländlichen Knappheitsbodenzins.
Als ländlicher
Knappheitsbodenzins ist zunächst der Zins anzusehen, den der am wenigsten brauchbare
Boden abwirft. Da aber auch der Preis des auf dem besseren Boden gewonnenen Erzeugnisses
gestiegen ist, wird auch hier der Zins erhöht, und es zerfällt nun der Zins,
den dieser Boden trägt, in zwei Teile. Der Teil, der durch die Differenz der
Produktionskosten gegeben ist, ist Differentialzins, der Überschuss
Knappheitszins. Dem Wesen nach besteht zwischen dem Knappheitszins und dem
Differentialzins kein Unterschied. Der Knappheitszins ist nur deshalb nicht
Differentialzins, weil es keinen Boden mehr gibt, der noch weniger brauchbar wäre,
als der am wenigsten brauchbare. Der ländliche Knappheitszins spielt praktisch
fast keine Rolle. Er kommt nur in jenen seltenen Fällen vor, in denen der Boden
ein Produkt von ganz besonderer, sonst nirgends vorfindbarer Qualität (z.B.
eine bestimmte Sorte Wein) hervorbringt.
Wie jeder Zins
beruht auch der ländliche Bodenzins auf einem Monopol. Weil der brauchbarere
Boden bzw. der Boden überhaupt begrenzt ist, ist auch die Konkurrenz beschränkt.
Denn es kann mit dem Besitzer des brauchbareren Bodens bzw. des Bodens überhaupt
nur konkurrieren, wer selbst solchen Boden besitzt. Wäre die Konkurrenz frei,
dann würde die Produktion solange erweitert werden, bis der Preis der
Bodenerzeugnisse auf die Ebene der Arbeitskosten herabgesunken wäre. Weil die
Konkurrenz beschränkt ist, findet diese Erweiterung nicht statt. Es werden
weniger Produkte erzeugt als beim Arbeitskostenpreis begehrt werden. Der Preis
der Bodenerzeugnisse kann infolgedessen über den Arbeitskosten gehalten werden
und es entsteht eine Spannung zwischen Arbeitskosten und Preis, die arbeitsloses
Einkommen oder Zins darstellt.
Ob der Eigentümer
ländlichen Bodens seinen Grund selbst bebaut oder dessen Bebauung einem anderen
durch Verpachtung überlässt, ändert am Zustandekommen des Bodenzinses nichts.
Im letzteren Fall erhebt der Pächter an Stelle des Grundeigentümers den Zins im
Preis der Bodenerzeugnisse. Er bleibt jedoch nicht in seiner Hand. Wie bei
jedem Monopol, das vom Inhaber nicht selbst ausgenützt, sondern anderen zur
Ausnützung überlassen wird, muss auch beim Bodenmonopol der Pächter den Ertrag,
eben den Zins, an den Bodeneigentümer abliefern. Der Bodeneigentümer kann die
Ablieferung fordern, denn wenn er den Boden selbst bebaut hätte, wäre der
Bodenzins ihm zugefallen. Dem Pächter wird durch die Verpflichtung zur
Ablieferung des Bodenzinses keine Unbilligkeit zugefügt, denn ohne den Besitz
des Bodens wäre er nicht in der Lage gewesen, den Bodenzins zu erheben.
Der städtische
Differentialbodenzins entsteht nach ähnlichen Grundsätzen wie der ländliche, nur
dass anstelle der Ertragsfähigkeit des Bodens seine Lage entscheidend ist. Es
wird zunächst der brauchbarste Boden verbaut. Solange Boden der betreffenden
Brauchbarkeit noch verfügbar ist, bleibt die Mietgebühr für die erbauten
Mietobjekte durch den Druck der Konkurrenz auf der Höhe der normalen
Kapitalverzinsung stehen. Dies ändert sich, wenn der Boden dieser Gattung
vollständig bebaut ist und nun ein weniger brauchbarer Boden in die Bebauung
einbezogen wird. Auch für weniger günstig gelegene Mietobjekte wird jetzt
dieselbe Mietgebühr eingehoben, welche die günstiger gelegenen bisher erzielt
haben. Dieser Umstand wirkt aber auf die Höhe der Miete dieser letzteren
Mietobjekte zurück: Ihre Miete steigt wegen ihrer günstigeren Lage entsprechend
an. Sie verzinsen sich höher als zum normalen Zinsfuß. Der Mietertrag
übersteigt die normale Verzinsung des Baukapitals. Der Überschuss ist der
städtische Differentialbodenzins.
Seiner
Zusammensetzung nach ist der städtische Bodenzins der auf dem bestmöglichen Ausnutzungsgrad,
der Ausnutzungsart und der Lage eines aufgeschlossenen Grundstücks beruhende
Bodenertrag; er ist gleich der erzielbaren Miete für die auf dem Grund und
Boden errichteten Gebäude abzüglich der auf die Gebäudebewirtschaftung
entfallenden Kosten (Verzinsung des Gebäudekapitals, Abschreibung, Grundsteuer,
Betriebskosten usw.). Seinem Wesen nach ist der städtische
Differentialbodenzins Miete, und zwar ein Zinsgewinn, der infolge der
Beschränkung der Konkurrenz der Mietkapitalien entsteht. Reicht die Zahl der günstiger
gelegenen Mietobjekte nicht aus, um die Nachfrage, die bei einem gewissen Stand
der Mietzinse herrscht, zu decken, dann erhöhen sich die Mieten. Sie können
dauernd über der normalen Kapitalverzinsung gehalten werden, weil eine
Vermehrung der günstiger gelegenen Objekte infolge der Beschränktheit des
Bodens nicht möglich ist.
Das Kapitalmonopol
für sich allein würde nur die normale Kapitalverzinsung sichern. Es schließt
die Konkurrenz der Nichtkapitalisten aus, lässt aber die Konkurrenz, die sich
die Mietkapitalien untereinander bereiten, bestehen. Weil nun aber das
Baukapital eine Bodenfläche als räumliche Unterlage braucht, die nur begrenzt
vorhanden ist, erfährt die an und für sich beschränkte Konkurrenz noch eine
weitere Beschränkung. Das Bodenmonopol macht sich geltend. Es bewirkt, dass der
Ertrag der Mietobjekte über die normale Kapitalverzinsung hinauswächst. Hier
steht also ein Monopol – das Kapitalmonopol – unter dem Schutz eines anderen
Monopols, des Bodenmonopols. Diese Erscheinung ist öfters zu beobachten. Wenn
etwa ein Unternehmen, das durch seinen Kapitalbesitz vor der Konkurrenz nichtkapitalbesitzender
Unternehmer geschützt ist, einen durch Patent geschützten Artikel erzeugt, so
steht auch hier das Kapitalmonopol unter dem Schutz eines anderen Monopols, nämlich
eines rechtlichen Monopols.
Sind der Ausdehnung
einer Stadt bestimmte Grenzen gezogen, dann kann auch der städtische Bodenzins
als Knappheitszins auftreten. Die Konkurrenz kann sich, sobald der Boden
vollständig in die Bebauung einbezogen worden ist, nicht weiter ausdehnen, und
die Folge davon ist, dass auch der am wenigsten brauchbare Boden Zins trägt.
Der Zins aus rechtlichen und verabredeten Monopolen
Hierunter fallen
Marken-, Muster-, Erfinder- und Autorenschutz, Privilegien, Konzessionen, Kartelle
usw. Es handelt sich, genau genommen, in allen diesen Fällen um Monopole in
Form eines Vorrechtes, sei es durch Gesetz, sei es durch wirtschaftliche
Vormachtstellung. Der aus diesen Vorrechten fließende Zins beruht ausnahmslos
darauf, dass man mit Hilfe der erwähnten Monopole imstande ist, das Angebot
dauernd knapp und dadurch den Preis über den Arbeitskosten zu halten, wodurch
sich ein Gewinn ergibt, der den Zins darstellt. Im Vergleich zum Geld-, Sachkapital-
und Bodenzins ist der Zins aus rechtlichen und verabredeten Monopolen von
untergeordneter Bedeutung. Manche dieser Monopole haben sekundären bzw. tertiären
Charakter, wie Kartelle, Truste und Syndikate. Andere sind entweder aus
Billigkeits- oder Zweckmäßigkeitsgründen erwünscht, wie der Marken-, Muster-,
Erfinder- und Autorenschutz, oder die Fiskalmonopole. Auch sind manche
Vorrechte unentbehrlich, wie etwa das Notenprivileg, oder unter gewissen Voraussetzungen
zu empfehlen, wie etwa die Apothekenkonzession.
In die vier
Zinsarten: Geld-, Sachkapital-, Boden- und Vorrechtszins lässt sich das gesamte
arbeitslose Einkommen, soweit es regelmäßig fließt, einordnen. Es umfasst
schätzungsweise mehr als neun Zehntel allen arbeitslosen Einkommens. Das
restliche Zehntel - oder weniger - bildet das nicht regelmäßig fließende
arbeitslose Einkommen in Gestalt der Differenzgewinne (Spekulationsgewinne).
Kapital, Kapitalismus, Kapitalist
Was ist Kapital? Darüber gingen die Meinungen bisher
auseinander. Die Berufsökonomen sind sich wohl nicht ganz darüber einig, welche
Sachen als Kapital anzusehen sind; darüber aber, dass das Kapital eine Sache
sei, herrscht allgemeine Übereinstimmung. Auch Karl Marx, der dieser „Sache“
ein mehrbändiges Werk gewidmet hat, macht keine Ausnahme. Ist aber das Kapital
wirklich eine Sache?
Nach der gewonnenen
Erkenntnis, dass jeder Zins in einem Monopol wurzelt, offenbar nicht! Wenn
Kapital eine Sache wäre, dann müsste man Kapitalien addieren können, eine
doppelte Kapitalmenge müsste dann ganz natürlich auch den doppelten Zinsertrag
abwerfen. Das trifft aber, wie wir erkannt haben, absolut nicht zu. Ganz im
Gegenteil. Die Sachkapitalien werfen nur deshalb einen Zins ab, weil sie –
durch das heutige Geld – dauernd knapp gehalten werden, was eine
Konkurrenzbeschränkung und demzufolge einen Zins bewirkt. Nur die Knappheit – im
Verein mit der Unentbehrlichkeit – begründet die Kapitaleigenschaft eines
Sachgutes. Zwei Fabriken sind nicht immer doppelt so viel wert wie eine, zwei
Miethäuser nicht immer doppelt so viel wie eines. Denn je mehr Sachkapitalien
hergestellt werden, umso tiefer sinkt – wegen der dann gesteigerten Konkurrenz –
ihr Zinsertrag, umso mehr verlieren sie ihre Kapitaleigenschaft. Bei genügender
Vermehrung vermag ihr Ertrag sogar auf Null zu sinken, und damit verlieren sie ihre
Kapitaleigenschaft gänzlich. Ein Wohnhausblock etwa, der infolge eines
Überflusses an Wohnungen keinen Kapitalzins mehr abwirft, hat aufgehört,
Kapital zu sein. Praktisch konnte es bisher allerdings zu einer derartigen
Kapitalfülle niemals kommen, weil das heutige Geld bei sinkendem Sachkapitalzins
die Investition verweigert und auf diese Weise die Sachgüter dauernd knapp und
Zins-tragend hält. Kapital ist also „Zins-tragendes Gut“. Seinem Wesen nach ist
Kapital also keine Sache, wie man geglaubt hat, es ist überhaupt nichts Greifbares,
sondern ein Zustand, und zwar ein Knappheitszustand.
Darum vermag alles,
was und solange es knapp ist und zur Erzielung eines Zinses gebraucht werden
kann, Kapitaleigenschaft anzunehmen. Aus unserer Definition des Kapitals als
eines monopolbedingten Knappheitszustandes lässt sich auch der Begriff des
Kapitalismus ableiten, und zwar des Kapitalismus im engeren und weiteren Sinne.
Kapitalismus im engeren Sinne ist eine
Wirtschaftsordnung, in der die Knappheit an Leihgeld und Gebrauchsgütern (den
Sachkapitalien) den Geld- und Sachkapitalzins bedingt. Kapitalismus in diesem
Sinne ist daher als Zinswirtschaft, als Monopolismus, als dauernde Mangel- und
Ausbeutungswirtschaft zu übersetzen. Kapitalismus in diesem Sinne ist eine rein
geldliche Angelegenheit, begründet im Geldstreikmonopol.
Kapitalismus im weiteren Sinne ist jede auf Monopolen
begründete und daher a priori auf Ausbeutung abgestellte Wirtschaftsordnung,
sei es, dass sie den durch das natürliche Bodenmonopol verursachten Bodenzins
(Grundrente) in private Taschen fließen lässt, sei es, dass sie Wettbewerb und
individuelle Wirtschaftsbetätigung durch künstliche Monopole einschränkt oder
gar ausschließt. Daraus folgt, dass der Feudalismus der Vergangenheit nicht
minder kapitalistisch war als es die totalitären Wirtschaftsformen sind, die
den individuellen Wettbewerb zu Gunsten eines allgemeinen staatlichen
Wirtschaftsmonopols unterdrücken und damit die Ausbeutung staatlich organisieren.
Kapitalismus ist also in jedem Falle zu übersetzen mit Monopolismus.
Wer ist Kapitalist? Kapitalist im Allgemeinen ist
jeder, soweit er Zins bezieht. Im engeren Sinne ist darunter der funktionslose
Investor zu verstehen, dessen Einkommen ganz oder vorwiegend aus Zins besteht. Im
weiteren Sinne zählen auch alle indirekten Nutznießer der Monopole hierher, wie
die einflussreichen Politiker und Leiter von Massen-Organisationen,
insbesondere in totalitären Staaten, denen ihre Stellung eine außerordentliche
Machtfülle und damit die Möglichkeit verleiht, einen relativ großen Teil des
Sozialproduktes für sich und ihre Anhängerschaft in Anspruch zu nehmen
(Staatskapitalisten, Manager).
Der Einfluss des Geldes
Ein Blick in die
Geschichte zeigt, dass jede kulturelle Entwicklung auf der Arbeitsteilung beruht.
Erst die Arbeitsteilung schenkt dem Menschen die Muße, sich auch mit anderen
Dingen als nur mit der Beschaffung der Lebens-Notdurft zu befassen. Der
Vorteil, den die Arbeitsteilung bietet, ist auf der simplen Tatsache begründet,
dass man die gleiche Arbeit das zweite und dritte Mal besser und rascher
auszuführen vermag als das erste Mal, und dass diese Fertigkeit durch dauernde
Übung erheblich gesteigert werden kann. Adam Smith führt als Beispiel den einzelnen
Arbeiter an, der im besten Fall 20 Stecknadeln im Tag anfertigt, wenn er alle Arbeitsgänge
selbst ausführen muss, während zehn vereinigte Arbeiter, die sich die einzelnen
Arbeitsschritte teilen, 48.000 Stück, somit 4.800 Stück je Tag und Arbeiter
herstellen können. Die Arbeitsteilung vermag also die Produktivität der Arbeit
gewaltig zu steigern, vor allem auch weil sie die Anwendung arbeitssparender
Geräte ermöglicht.
Die unbedingte Voraussetzung
für die entwickelte Arbeitsteilung ist das Vorhandensein des Tauschmittels
Geld. Erst in der Geld- oder Verkehrswirtschaft kann die Produktivität durch
weitgehende Arbeitsteilung so gesteigert werden, dass auf dem Nährboden einer
gehobenen Lebenshaltung sich ein neues Lebensgefühl und mit ihm eine Kultur zu
entwickeln vermag. Darum finden wir in allen Kulturepochen stets auch ein
entwickeltes Geldwesen.
Zunächst vollzieht
sich als Ergebnis des erleichterten Güteraustausches mit Hilfe des Geldes ein
im Vergleich zum primitiven Tauschhandel bemerkenswerter Wirtschaftsaufschwung.
Die Arbeitsteilung wächst, Handel und Wandel blühen, die Bevölkerungsdichte
nimmt zu, das Gewerbedorf, die Gewerbestadt entstehen. Doch bald zeigt sich der
Pferdefuß der Entwicklung. Die Überlegenheit des verschatzbaren Geldes über
Waren und Leistungen ermöglicht es dem Geldbesitzer, ungestraft die
Annehmlichkeit der Liquidität zu genießen, bei Verleihungen über Risikoprämie
und Hausseprämie hinaus den Zins zu erzielen. Die Zins-fordernde Eigenschaft
des Geldes überträgt sich auf die Sachgüter. Neben die Grundrente tritt, sie in
ihrer Bedeutung als arbeitsloses Einkommen bald erreichend und übertreffend,
der Geld- und Sachkapitalzins. Mit dem Zins schiebt sich, so scheint es, ein
neues, lebensfeindliches Element in den Gang der Wirtschaft, das sich alsbald
in wirtschaftlichen und sozialen Störungen bemerkbar macht.
Die moderne
arbeitsteilige Wirtschaft ist ganz auf dem Fundament des Zinses aufgebaut. Der Kaufmann,
der Industrielle, der Gewerbetreibende, ebenso der Land- und Forstwirt, alle Unternehmungen
des Handels und Verkehrs rechnen mit dem Zins, überall wird Zins bezahlt. Kein
Haus, keine Bahnlinie, keine Fabrik, kein Kraftwerk wird gebaut, keine Maschine
angeschafft, wenn der Zins dabei nicht herausschaut. Was keinen Zins abzuwerfen
verspricht, sich nicht rentiert, hat keine Daseinsberechtigung, wird von vornherein
gar nicht geschaffen. Die Höhe des Zinses entscheidet über den wirtschaftlichen
Erfolg eines Unternehmens und darüber, ob Arbeiter eingestellt oder entlassen
werden. Dabei sind die Zinseinkünfte des Großkapitals viel zu groß, als dass
einer allein oder eine Familie mehr als einen geringen Bruchteil davon mit
Anstand verzehren könnte. Die angehäuften Zinserträge werden ebenfalls wieder Zins-tragend
angelegt und bringen ihrerseits neue Zinsen hervor; das Großkapital wächst
automatisch durch Zins und Zinseszins, wächst ins Unendliche.
Ungewollte Arbeitslosigkeit
Eine der
bezeichnenden Auswirkungen des Kapitalismus im engeren Sinn bildet die ungewollte
Arbeitslosigkeit. Sie wird aus folgender Überlegung als eine unmittelbare Folge
der Zinsgeld-Wirtschaft erkennbar: Bei der ältesten Wirtschaftsform, der
Natural- oder Eigenwirtschaft, verbraucht der Erzeuger sein eigenes Erzeugnis
selbst. Man darf dabei nicht allein an die graue Vorzeit zurückdenken; diese
Wirtschaftsform spielt auch heute noch eine gewisse Rolle. Unsere Landwirte z.
B. erzeugen einen Teil ihres Bedarfes selbst. Das Bemerkenswerte bei der
Eigenwirtschaft ist, dass sie ungewollte Arbeitslosigkeit nicht kennt. Der
Landwirt, der für sich und seine Familie Nahrungsmittel anbaut, kann, solange
die Produktionsmittel vorhanden sind, durch keine äußeren Umstände in seiner
Tätigkeit gehindert, er kann nicht arbeitslos werden. Solange sein Bedürfnis
besteht, hängt es vollkommen von seinem Willen ab, ob er es befriedigen will
oder nicht. Aus der Eigenwirtschaft ist das Phänomen der ungewollten
Arbeitslosigkeit nicht zu erklären. In der nächsthöheren Wirtschaftsform, der
Tauschwirtschaft, vollzog sich der Güteraustausch der heutigen Kulturvölker
durch lange Zeiträume. Ob nun der Tausch Zug um Zug erfolgte, etwa Tontöpfe
gegen Fische oder als Leihgabe, so bleibt die entscheidende Tatsache beim
Tausch doch stets die, dass das Angebot der eigenen Ware gleichzeitig die Nachfrage
nach einer anderen Ware darstellt. Jeder bietet seine eigene Ware an und fragt damit
gleichzeitig fremde Ware nach. Das Gesamtangebot einer Volkswirtschaft ist in
diesem Fall gleich der Gesamtnachfrage. Solange sich aber Gesamtangebot und
Gesamtnachfrage decken, ist ungewollte Arbeitslosigkeit nicht möglich. Wohl
kann es bei der Tauschwirtschaft vorkommen, dass ein Erzeuger am Markt etwas anbietet,
das niemand einzutauschen wünscht, sodass sich für sein Erzeugnis kein Abnehmer
findet. Aber er ist deshalb für die Zukunft nicht arbeitslos. Er hat nur in der
Vergangenheit vergebliche Arbeit geleistet und sich selbst vom Markt
ausgeschaltet, weil er die Nachfrage nicht beachtete. Es steht ihm aber frei,
in Zukunft solche Güter herzustellen, die nachgefragt werden und sich dadurch
wieder in den Güteraustausch einzuschalten. Eine ungewollte Arbeitslosigkeit
ist somit aus dem Wesen der Tauschwirtschaft ebenso wenig zu erklären wie aus
der Eigenwirtschaft.
Anders in der Geld-
oder Verkehrswirtschaft. War beim unmittelbaren Tausch Ware gegen Ware das
Angebot stets gleich der Nachfrage, so änderte sich das schlagartig mit der Einführung
des Geldes. Das Geld zerlegt den Tausch in zwei Teile: Die eine Hälfte ist der
Verkauf des eigenen Erzeugnisses gegen Geld, die zweite der Kauf eines fremden
Erzeugnisses gegen Hingabe dieses Geldes. Nur wenn beide Teile, sowohl Verkauf
als auch Kauf erfüllt sind, ist der Tausch vollendet, nur dann ist der
„vollkommene Tausch“ verwirklicht. Die Aufspaltung des Tausches durch das Geld
ermöglicht es nun, dass Angebot und Nachfrage sich nicht mehr immer decken
müssen. Mit der Einführung des Geldes ist plötzlich das Angebot nicht mehr
zugleich auch Nachfrage. Es ist vielmehr jetzt möglich, dass beide
auseinanderklaffen. Dieser Fall muss ganz zwangsläufig dann eintreten, wenn
manche Teilnehmer am Tauschverkehr wohl ihr eigenes Erzeugnis verkaufen, ohne
indes für den erzielten Gelderlös in angemessener Frist ein fremdes Erzeugnis
einzukaufen. Durch ein solches Verhalten der Tauschteilnehmer wird der
„vollkommene Tausch“ verhindert, es entsteht eine Tauschstörung und damit
ungewollte Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise. Der „vollkommene Tausch“ bedingt
eben, dass nicht nur das eigene Erzeugnis verkauft, sondern auch das fremde Erzeugnis
gekauft wird. Unerheblich für den „vollkommenen Tausch“ bleibt es, dass der
Verkäufer mit dem empfangenen Geld selbst Nachfrage nach fremden Waren hält. Es
genügt, wenn er das Geld auf dem Kreditweg (z. B. über eine Bank) einem Dritten
zum Ankauf von Gütern zur Verfügung stellt. Entscheidend ist nicht, wer kauft,
sondern dass gekauft wird. Denn wenn der Verkäufer mit dem empfangenen Geld
weder selbst kaufend auftritt noch es verleiht, dann verhindert er den
„vollkommenen Tausch“, unterbricht den Geldumlauf und sperrt dadurch Arbeiter
aus. Allgemeine Geldhortung in diesem Sinne muss daher notwendig zu einem Auseinanderklaffen
von Gesamtangebot und Gesamtnachfrage und damit zu ungewollter Arbeitslosigkeit
führen. Ungewollte Arbeitslosigkeit ist also nur in der Geldwirtschaft denkbar.
Wie ist dieses
Auseinanderklaffen zu vermeiden? Wie schaffen wir eine Wirtschaft des „vollkommenen
Tausches“, die keine ungewollte Arbeitslosigkeit kennt? Die Planwirtschafter
aller Schattierungen beabsichtigen dieses Ziel zu erreichen, indem sie der
Marktwirtschaft mehr oder weniger den Garaus machen und an ihre Stelle die so
genannte Bedarfsdeckungswirtschaft einführen. Anstatt dass der Käufer mit dem
Geld in der Hand Nachfrage nach eigenem Bedürfnis und Geschmack hält, sollen
irgendwelche bürokratische Stellen Erzeugung und Verbrauch regeln. Anstelle des
Marktes tritt das Amt, anstelle der Triebkräfte der Wirtschaft der behördliche
Zwang, um Erzeugung und Verbrauch gewaltsam in Übereinstimmung zu bringen.
Vom Standpunkt der
modernen Wirtschaftswissenschaft sind solch einschneidende Eingriffe keineswegs
nötig. Die wünschenswerte Übereinstimmung zwischen Gesamtangebot und Gesamtnachfrage
und damit auch zwischen Erzeugung und Verbrauch, lässt sich viel einfacher erzielen.
Es ist nur erforderlich, dem Geld seine heutige Hortbarkeit zu nehmen, d. h.
das Geldstreikmonopol zu brechen. Ein solches nicht hortbares Geld erfüllt die erste
Forderung, die man an ein ideales Geld stellen muss: Es läuft um! Läuft es aber
um, dann kommt es zu allen Arbeitswilligen. Die Gesamtnachfrage wird durch ein
unhortbares Geld und durch geeignete sonstige Maßnahmen dauernd dem Gesamtangebot
angepasst, mit dem Ziel einer Vollbetriebswirtschaft. Bei dieser Form der
Abhilfe bleibt die Marktwirtschaft völlig intakt, ja sie wird dadurch erst zur
Entfaltung all ihrer Möglichkeiten gelangen. Die Beseitigung des Geldstreikmonopols
ist die erste Voraussetzung, um die Marktwirtschaft aus ihrem heutigen
halbmonopolistischen Zustand zu befreien und in erstaunlicher Weise zu wandeln,
ihr soziale Züge aufzuprägen und sie in eine echte Soziale Marktwirtschaft
hinüberzuführen.
Der Vollbetrieb der
Wirtschaft in einer freien Wettbewerbsordnung führt zu allgemeinem Wohlstand und
sichert jedem Arbeitswilligen das Recht auf Arbeit, den vollen Arbeitsertrag und
ein Höchstmaß an wirtschaftlicher Freiheit. So wird es zum Beispiel dem
Geldbesitzer nach wie vor freistehen, darüber zu entscheiden, was und wo er
kauft und auch – mit Hilfe des Verleihs – wann er kauft. Er wird nur nicht
mehr, so wie heute, darüber zu befinden haben, ob gekauft wird oder nicht.
Indem man dem Geld die Hortbarkeit nimmt, wird erreicht, dass unter allen
Umständen gekauft wird. Und damit ist der „vollkommene Tausch“, das heißt der
für einen Wirtschaftsvollbetrieb erforderliche regelmäßige Geldumlauf gesichert.
Stefan Wehmeier,
18.02.2013